10 für 10

Die jährlich erscheinende Rangliste der führenden Intellektuellen von Foreign Policy/Prospect ist da, und zum ersten Mal sind unter den Top 10 ausschließlich Muslime zu finden. Ganz oben steht der in Philadelphia lebende türkische religiöse Gelehrte Fethullah Gülen, gefolgt von dem Nobelpreisträger und Mikrokredit-Pionier Muhammed Yunus, dem spirituellen Führer der Muslimbruderschaft Yusuf al-Qaradawi und dem türkischen Schriftsteller und Nobelpreisträger Orhan Pamuk. Die Tatsache, dass der Schweizer Theologe Tariq Ramadan (Platz 8) die niederländisch-somalische Anti-Islam-Aktivistin Ayaan Hirsi Ali (Platz 15) hinter sich lässt, wird Paul Bermann sicherlich frustrieren. Mit der iranischen Menschenrechtsaktivistin Shirin Ebadi zieht ein weiterer Nobelpreisträger in die Top 10 ein.

Vielleicht noch überraschender ist, aus welchen Ländern die muslimischen Intellektuellen in den Top 10 kommen. Nur zwei von ihnen - Al-Qaradawi und der Fernsehprediger Amr Khaled - stammen aus einem arabischen Land (Ägypten). Zwei sind aus der Türkei (Gülen und Pamuk), zwei vom indischen Subkontinent (Yunus und Aitzaz Ahsan [Platz 5], der Vorsitzende der pakistanischen Anwaltskammer) und zwei aus dem Iran (der Theologe Abdolkarim Soroush [Platz 7] und Shirin Ebadi). Je einer stammt aus Afrika und Europa (der Anthropologe Mahmood Mamdani aus Uganda [Platz 9] und Tariq Ramadan).

Die Rangliste von Foreign Policy/Prospect beweist, dass es ein Trugschluss ist, wenn die muslimische Welt und die arabische Welt in der öffentlichen Wahrnehmung als identisch wahrgenommen werden.

Wenn man sich einmal vor Augen hält, wie kontrovers westliche Autoren vom linken Flügel (Gilles Kepel, Olivier Roy) und vom rechten Flügel (Bernard Lewis, Daniel Pipes) über die muslimische Welt diskutieren, dann kann es nur förderlich sein, dass Foreign Policy und Prospect mit dieser Umfrage Denker in den Blickpunkt rücken, die in diesen Ländern leben.

-- Dylan Matthews, einer der Editoren der Sommerumfrage der Zeitschrift Prospect