Was ich über „Die Armee des Imam“ denke

Bei Gesprächen mit EU-Abgeordneten, während meinem Aufenthalt in Brüssel, wurden mir immer Fragen bezüglich der Fethullah Gülen Bewegung gestellt.

Was denken Sie über die Behauptung, die Gülen-Bewegung besetzt Machtpositionen im Staats- und Sicherheitsapparat in der Türkei? Ist der Ergenekon-Prozess, ein Prozess, der von Anhängern Gülens heraufbeschwört wurde, um die Opposition gegen die AKP-Regierung pejorativ aussehen zu lassen? Wurde der Journalist Ahmet Sik deshalb verhaftet und die Publikation des Buches verboten, weil er die angebliche Unterwanderung des Staates in seinem Buch „Die Armee des Imam“ aufgedeckt hatte? Meine Antworten auf diese Fragen möchte ich nun auch den Lesern präsentieren.

Seit mehr als acht Jahren schreibe ich für die Tageszeitung Zaman, dass von der Gülen-Bewegung unterstützt wird. Es war nie meine Art meine Gedanken zu verschleiern, so brachte ich im Jahre 1995 in der Milliyet Zeitung mit dem Artikel „Respekt gegenüber Gülen“ meine Gedanken zum ersten Mal zum Ausdruck. Bisher hat sich daran nichts geändert, dieser Gedanke wurde sogar immer verstärkt.

Die Islamophobie findet vielleicht nicht allzu großen Einzug in den Alltag der Türkei, sie ist aber sehr stark in einigen Bereichen vertreten. Seit der Gründung der Türkischen Republik, war die Ansicht der militärischen und bürokratischen Elite immer unverändert: Der Islam muss unter Staatskontrolle gehalten, die Religionsfreiheit muss eingeschränkt und religiöse Bewegungen müssen unterdrückt werden. Andernfalls wird in der Türkei kein Unterschied zu Saudi Arabien oder Iran erkennbar sein. Deshalb sind Orden seit 1925 verboten und die alawitische Religionsgemeinschaft ist offiziell nicht anerkannt, da Religionsgemeinschaften nicht als Rechtspersonen wirken dürfen. Und das alles, obwohl die Türkei aus einer größtenteils religiösen Bevölkerung besteht. Trotz der Verbote und Einschränkungen konnten die Orden und weitere religiöse Gemeinschaften mit der Modernisierung Schritt halten und überleben. Daraus resultierend ist die Ausbreitung der Gülen-Bewegung, die einen religiösen Ansatzpunkt pflegt, ein Dorn im Auge der islamfeindlichen Elite.

Die wissenschaftlich retardierende Denkweise in der Türkei führt zu Verschwörungstheorien und somit wird jedes Ereignis mit einer mächtigen Kraft zusammengebracht. Diese Kraft kann als Imperialismus, als Kommunismus, als Zionismus, usw. zum Vorschein kommen. Die heutige Türkei leidet unter dem Übergang von der militärisch-bürokratisch bevormundeten Demokratie zur Demokratie der europäischen Norm. Die Gesellschaft steht dabei mittendrin zwischen beiden Fronten. Die eine Fronte beschuldigt bei jedem Ereignis die Ergenekon-Organisation, die Andere hingegen versucht die Gülen Bewegung in die Verantwortung zu ziehen.

Gülen unterstützt die Modernisierung bzw. die Demokratie, den Säkularismus im Sinne der Religionsfreiheit, die Grundrechte und beachtet zugleich unterschiedliche Überzeugungen und Lebensweisen. Er setzt auf eine wirtschaftliche Entwicklung und sieht die Religion und die Wissenschaft als sich zwei ergänzende Pfeiler. Gülen betont außerdem die geistliche und soziale Inspiration des Islam und fordert seine Anhänger auf Unternehmen, Schulen, Krankenhäuser und Hilfsorganisationen zu errichten, um der Öffentlichkeit zu dienen. Er verteidigt die Einhaltung der Gesetze und fordert Legitimität in jeder Situation. Im Modernisierungsprozess der Türkei hat ihm diese Einstellung großes Ansehen in der Gesellschaft gebracht. Die Positivisten und Islamgegner jedoch, konnten die positive Rolle der Religion niemals anerkennen und verbinden jeden Missstand mit der Gülen-Bewegung.

Der Ergenekon-Prozess darf niemals als ein Verfahren der Einschüchterung der Opposition angesehen werden. Natürlich gab es bei der Umsetzung widersprüchliche Ereignisse, dennoch übernimmt der Prozess eine Vorreiterrolle, da zum ersten Mal in der Geschichte der Türkei der Putschversuch gerichtlich aufgeklärt werden soll. Beamte, Staatsanwälte und Richter, die an diesem Verfahren mitwirken, können wie auch jeder andere Mensch aus der Gesellschaft, Anerkennung gegenüber Gülen pflegen. Der Vorwurf hingegen, dass diese Amtsinhaber von der Gülen-Bewegung gelenkt werden ist abwegig und dient oben schon genannter Intention.

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