Gläubige fallen nicht, so sehr sie auch erschüttert werden

Die Lage, mit der wir uns konfrontiert sehen, ist schier aussichtlos, doch können wir ihr mit Hilfe des Glaubens, der Hoffnung und der Hinwendung zu Gott entkommen. Wenn jemand auf die Sonne zugeht, so fällt sein Schatten hinter ihn; kehrt er der Sonne hingegen den Rücken, so wird er unweigerlich direkt in die Dunkelheit seines eigenen Schattens schauen. Deshalb sollte unser Blick stets fest auf die nie versiegende Quelle des Lichts gerichtet sein. Der Dichter Akif sagte einmal, dass wir "auf Gott vertrauen, uns unablässig bemühen und der Weisheit folgen mögen". Zwar sind wir gegenwärtig in ein Netz nicht enden wollender Krisen verstrickt; aber wann immer wir uns in der Vergangenheit der relevanten Gründe und Ursachen bewusst waren und uns ihnen mit Glauben, Hoffnung und Entschlossenheit entgegen gestemmt haben, sind wir zumeist gestärkt aus schwierigen Zeiten hervorgegangen. Es gab jedoch auch Zeiten, da wurden solche Krisen von grundlosen Befürchtungen und Wahnvorstellungen aufgeblasen oder für politische Zwecke missbraucht; und so erschienen die Probleme um vieles größer und schwerwiegender, als sie in Wirklichkeit waren. In diesen Fällen versperrte der angerichtete psychologische Schaden jeden Ausweg.

Heute befinden wir uns inmitten eines weiteren Zyklus historischer Ereignisse. Katastrophen, wohin man nur blickt, die Gesellschaft wird von Unglücken aller Art erschüttert: Erdbeben, Überschwemmungen, Brände, Verkehrstote; Gewaltherrschaft, Unterdrückung, Verschwörungen, Morde, Einschränkung der Gewissensfreiheit. All diesem Leid und Missbrauch stehen auf der einen Seite Völker gegenüber, denen es an Willenskraft mangelt, die stumm und abgestumpft sind und nie zur Ruhe kommen; und auf der anderen Seite heuchlerische und grausame Herrscher, die gern Krokodilstränen vergießen und versuchen, alle Missstände den Unterdrückten anzulasten. Die Massen haben jedes Gleichgewicht verloren und sind, aus verschiedenen Gründen, jederzeit bereit, sich überschäumend vor Wut zu erheben. Noch angestachelt werden sie von bestimmten exklusiven Zirkeln, die sie immer weiter in Gewalt und Raserei hinein treiben: Gewaltherrscher, Menschen bar jeden Mitgefühls, inkompetente Staatsorgane und Provokateure beteiligen sich an dieser Manipulation. Wir haben es mit Wegelagerern zu tun, die Betrug für schick und Raub für tugendhaft halten, mit Opportunisten, die mit den Wegelagerern kooperieren, und mit Opfern einer sündhaften Lebensweise fernab jeder Moral, die in der Obhut der Gesetze Zuflucht suchen. Die Söhne von Yazid und Schimr1 kosten das von ihnen selbst proklamierte ,Recht der höheren Geburt schamlos aus und pochen darauf, der Stärkere sei stets im Recht. Allerorten machen korrupte Individuen, Erpresser, Räuber, Waffenhändler, Drogennetzwerke und die niederträchtigsten Organisationen Einfluss geltend. Manche davon tragen noch nicht einmal einen Namen. Inzwischen ist der Herbst in jede noch so kleine Stadt vorgedrungen, menschliche Werte werden überall mit Füßen getreten, weithin keine Spur von Achtung vor der menschlichen Würde und universellen Werten. Nur die allerwenigsten Menschen sind respektvoll, erwarten dafür jedoch zumeist einen Lohn. Die Massen haben sich in Untergruppen gespalten. Sie sind nicht mehr als nur noch ein jämmerlicher Haufen, dessen Anblick einem das Herz zerreißt. Wie oft werden im Wahlkampf Versprechungen gemacht; Arbeitsplätze sollen geschaffen, materielle Güter bereitgestellt werden. Doch niemand nimmt diese Versprechungen mehr ernst. Zu oft schon sind sie nicht gehalten worden. Die Suche nach Wissen (Ilm) erweist sich als zunehmend aussichtslos, die Gotteserkenntnis (Marifa) verbirgt sich in einem fernen Land, weit hinter dem Berg Qaf. Die Kunst steht in Diensten von Ideologien, die meisten Zentren der Gelehrsamkeit beschränkten sich längst nur noch auf Nachahmung. Wahrheitsliebe, Wissenseifer und Forscherdrang werden kaum mehr gewürdigt, Lernbemühungen kaum noch honoriert und als Hobbies eingestuft. Jene so bedeutenden Institutionen, denen wir das Schicksal von Gegenwart und Zukunft anvertrauen, geben kein Lebenszeichen mehr von sich.

Wenn wir der Propaganda Glauben schenken wollen, sind wir mächtig genug, um gleich mehrere Welten herauszufordern. In Wirklichkeit aber sind wir zu hilflos, um auch nur eine Kleinstadt zu verwalten. Was ethische Werte, Verantwortungsgefühl, die Befolgung von Menschenrechten und die Aufrechterhaltung von Gerechtigkeit betrifft, so liegen wir weit unter allgemeingültigen Standards. Den meisten von uns mangelt es an Schamgefühl, Höflichkeit und Respekt vor den Rechten oder Gedanken anderer. Gottesfurcht und der Sinn für Tugendhaftigkeit sind schon vor langer Zeit in Vergessenheit geraten, und nun versuchen wir, uns auch noch von unserem ,störenden Schamgefühl gegenüber unseren Mitmenschen zu befreien. An unseren Gesichtern ist abzulesen, zu welch geistloser Masse wir verkommen sind. Barmherzigkeit, Mitgefühl und Respekt sind uns offenbar vollständig abhanden gekommen. Eine beträchtliche Zahl von Menschen betrachtet die Religion und das religiöse Leben als angestaubt und überholt. Religiöse Gefühle wurden zerstört und das religiöse Leben liegt in Trümmern. Dreistigkeit und Anmaßung prägen das Bild, die Moral ist zerrüttet. Die Untreue sickert in alle Lebensbereiche ein, Schmerzensschreie erfüllen jedes Haus. Apathie und Trägheit zerren am Geist von Menschen, die aller menschlichen Gefühlsregungen ledig sind. "Soll ich allein etwa die ganze Welt ganz retten?", lautet eine beliebte Entschuldigung. Von Leidenschaft versklavte, aus dem Lot geratene Herzen werden nicht müde zu rufen: "Heute bin ich der König, die Zeit ist reif!" Gott allein kennt die Zahl derer, die sich dem Gedanken verschrieben haben, auf dem bequemsten Wege reich zu werden oder sich Rang und Namen zu machen.

Angesichts all dessen sehen sich die Wenigen, die es noch nicht verlernt haben, zu fühlen und zu denken, schweren Anfeindungen ausgesetzt. Wer sich in den Dienst an der Gesellschaft stellt, läuft Gefahr, zertrampelt zu werden. Aufrichtige Herzen müssen an jeder Weggabelung damit rechnen, dass man ihnen eine Falle stellt. Einstweilen werden diejenigen, die schweigen, nicht weiter behelligt. Warten wir also ab und schauen, was die nähere oder fernere Zukunft bringen wird.

Eine kleine, aber umso anmaßendere Clique, die schon seit jeher gegen den Glauben, den Islam und die menschlichen Werte zu Felde zieht, verschmäht das freie Denken, wahre Demokratie und die Menschenrechte mit der gleichen abstoßenden Unverfrorenheit, die sie der Religion und dem Glauben an Gott entgegenbringt. Diese Leute erklären jedem Gedanken und jeder Idee, die sie nicht gutheißen, unverzüglich den Krieg. Sie diffamieren jeden, der anders denkt als sie selbst, schädigen den guten Ruf ihrer Widersacher und scheuen auch nicht davor zurück, mit Gewalt gegen all jene vorzugehen, die sie nicht anders zum Schweigen bringen können. Unter diesen Leuten finden sich allerhand skrupellose Menschen, die sich weder um irgendeine von ihnen selbst verkündete Philosophie scheren noch um ,Aufrichtigkeit im Geiste. Was sie heute als Wahrheit bezeichnen, nennen sie schon morgen eine Lüge. Und jemanden, den sie heute in den Himmel loben, verachten sie morgen. Diese doppelzüngigen Heuchler verfügen über zwei Eigenschaften, die sich niemals ändern werden: Sie wechseln unentwegt von einem Lager zum anderen, und sie lieben es, wie eine Schlange Gift zu verspritzen - von ihrer blasphemischen Verbohrtheit ganz zu schweigen! Sie erkennen weder Gott den Allmächtigen noch irgendeinen Seiner Gesandten an. Sie sind blind im Herzen, können nicht sehen, und so taub, dass sie nicht hören können. Zu ihrem Geist haben sie keinerlei Verbindung, ebenso wenig zu ihrem Verstand. Und nach Ehrfurcht vor Gott oder Bewunderung für einen Propheten braucht man sie erst gar nicht zu fragen. Die meisten von ihnen stecken so tief im Sumpf der Unwissenheit, dass sie zwar keinerlei Ahnung von irgendetwas haben, dabei aber denken, sie seien allwissend.

Um es kurz zu machen: Auf der einen Seite zerbirst die Welt heute geradezu unter dem Gewicht aller erdenklichen Untugenden, die sich niemand herbeigewünscht hat. Auf der anderen Seite fehlt scheinbar jedes Anzeichen für Entwicklungen, nach denen wir uns schon seit Jahr und Tag sehnen. Das macht es nicht leicht, von Hoffnung oder Entschlossenheit zu sprechen, doch müssen wir uns dieser Herausforderung stellen. Denn die Herausforderungen von heute könnten sich sonst in der Zukunft noch vervielfachen. Es besteht die Gefahr, dass die Welt zu einem Grab wird und die Hoffnung oder Entschlossenheit unserer Gesellschaft zu ihrem Totenhemd. Flüsse drohen sich in den Revan2 zu verwandeln, Wüsten in die Stadt Kerbela, Feinde in den Mörder Schimr und Monate in den Monat Muharram.3 Vielleicht werden wir ja mit Anschlägen konfrontiert sein, die nicht nur unsere Häuser in Schutt und Asche legen, sondern auch unsere Erwartungen und Pläne. Vielleicht werden wir ja von Freund und Feind gleichermaßen fallengelassen, und vielleicht rammt uns ausgerechnet derjenige einen Dolch in den Rücken, von dem wir es am allerwenigsten erwarten. Aber selbst wenn die Umstände so ungünstig sind, dass das Gebrüll unserer Feinde die Stimmen aller anderen übertönt und uns all unsere Freunde untreu werden, dürfen wir nicht aufgeben und müssen unbeugsam bleiben. Im Vertrauen auf unseren Glauben und unsere Hoffnung sollten wir eine aufrechte Haltung annehmen und uns ein Beispiel an einem vollblütigen Pferd nehmen, das solange rennt, bis dass sein Herz zerspringt.

Selbst wenn die Schrecken und Ängste der Gegenwart noch weiter um sich greifen sollten und wir uns irgendwann inmitten von Schmerzensschreien wiederfinden, die zu den Himmeln aufsteigen; selbst wenn das Leid die Herzen wie Magma verbrennt und sich die Menschen unter Qualen in Hilflosigkeit winden; selbst wenn Köpfe von scharfen Schwertern enthauptet und Schädel von Hämmern zertrümmert werden; selbst wenn in allen Ecken der Welt das Grollen der Tyrannen widerhallt und rabenschwarze Verzweiflung auch die lebhaftesten und reinsten Seelen auffrisst; selbst wenn alle Ansiedlungen und auch unsere eigenen Häuser zerstört werden; selbst wenn der Mond nicht wieder aufgeht, die Sonne ausbrennt und unsere Herzen und Augen in der Finsternis erblinden; selbst wenn die Mächtigen außer sich geraten und die Wahrheit unter den Schlägen brutaler Gewalt zermalmt wird; selbst wenn die Starken ihre Zähne in aller Öffentlichkeit zeigen, während die Schwachen dazu schweigen; selbst wenn die entkräfteten Seelen keinen Widerstand mehr leisten können und eine nach der anderen umschwenken; und selbst wenn diejenigen, die ihr Herz verloren haben, der Reihe nach erlahmen - egal, was geschieht: Wir müssen unsere Pflicht erfüllen und unseren Platz behaupten, ohne von unserem Weg abzuweichen. Wir müssen uns darum bemühen, zu einer Quelle der Kraft zu werden, bei der jedermann Zuflucht suchen kann, zu einer Quelle des Lichts und der Hoffnung, die auch all jene Fackeln aufscheinen lässt, die bereits kurz vor dem Erlöschen standen.

Wenn wir einen starken Glauben an Gott besitzen, sollten Hoffnung und Standhaftigkeit unsere Erkennungsmerkmale sein, und wir sollten uns den Dienst an der Gemeinschaft zur Aufgabe machen. Wir sollten große Ehrfurcht vor Gott bezeigen und uns die Überzeugung zu eigen machen, dass unser Leben untrennbar mit dem Wohl unserer Mitmenschen verknüpft ist. Wenn diese sehen, dass wir auf Essen verzichten, welches uns eigentlich zustünde, dass wir anderen ermöglichen, sich gut zu kleiden, selbst aber keinen Wert darauf legen, und dass wir bereit sind, unsere eigenen Sehnsüchte zu opfern, so werden sie hoch erfreut sein, einen wahrhaft aufrichtigen Menschen zu treffen. Wir sollten ein so lauteres Leben führen, dass nicht nur unsere physische Präsenz, sondern auch unsere Träume nicht von unbotmäßigen Dingen verunreinigt werden - denn wer weiß schon, in welch tiefe Abgründe uns diese reißen würden. Wer nicht dazu imstande ist, das Beste aus seiner Lage zu machen, und den Boden unter den Füßen verliert, darf nicht erwarten, dass er sein Glück finden wird. Es würde uns wie Selbstmord erscheinen, nach Leben zu gieren, rein persönliche Interessen zu verfolgen, geschweige denn weltliche Ambitionen zu befriedigen. Andererseits dürfen wir aber auch nicht den Eintritt ins Paradies als Ziel unseres Dienstes an Gott betrachten; unsere Herzen müssen vielmehr ganz auf die unendlichen Segnungen des Wohlgefallen Gottes ausgerichtet sein. Unsere persönlichen Wünsche sollten wir konsequent hinterfragen, und wir sollten geben, ohne dabei auch nur einen Gedanken an das Nehmen zu verschwenden. Wir sollten schenken, ohne jede Gegenleistung zu erwarten. Und auf diesem Pfad der Rechtschaffenheit, der zu unserem Geliebten führt, dürfen wir nie den Fehler begehen, uns in unsere eigene Seele zu verlieben.

Die hingebungsvollen Menschen dieses Pfades der Rechtschaffenheit haben auch unter schwierigen Bedingungen - als Feindseligkeiten geschürt wurden, als sich untreue Verbündete auf die Seite ihrer Feinde schlugen und als Schreckgestalten, die ihre Existenz Rache- und Hassgefühlen verdankten, gegen sie aufmarschierten - nie den Mut und die Hoffnung verloren. Tatsächlich haben sie das, was ihnen an Vergeltung, Hass und Feindseligkeit entgegenschlug, noch nicht einmal wahrgenommen. Sie haben Unrecht stets mit Güte heimgezahlt und schlechte Behandlung mit Höflichkeit, freundlichen Worten und Liebenswürdigkeiten. So gelang es ihnen, Bruchstellen auszubessern und destruktives Denken durch konstruktives Handeln zu ersetzen. Selbst wenn irgendwann einmal - Gott verbiete! - die Welt zugrundegehen würde, die Massen in Finsternis versänken und alle Straßen und Brücken zerstört sein würden, würden diese hingebungsvollen Menschen keine tödlichen Szenarien von Verzweiflung und Tatenlosigkeit malen, sondern versuchen, den Ereignissen zu trotzen, ihren Mitmenschen neues Leben einzuhauchen und sich mit aller Kraft dafür einzusetzen, dass die blockierten Wege zumindest für diejenigen wieder geöffnet werden, die noch willens sind weiterzugehen. Jeden Anflug von Panik würden sie als Respektlosigkeit gegenüber ihrem Glauben und ihrer Willenskraft betrachten.

Ich glaube von ganzem Herzen daran, dass sich diesen entschlossenen Vorbildern schon morgen oder sogar bereits heute eine helfende Hand entgegenstrecken wird. Stürme, denen sie jetzt noch ausgesetzt sein mögen, werden sich legen, Eis wird dahinschmelzen, und Wüsten in ihrem Umfeld, die schon seit Jahrhunderten ausgedörrt sind, werden sich in himmlische Paradiesgärten verwandeln. Eines Tages wird ihnen ihr Schicksal ein warmes Lächeln schenken.

Die Verzweiflung ist ein gewissenloser Bandit, und die Meinung, man sei hilflos und schwach, eine Krankheit, die den Geist der Menschen abtötet. Erfolgreich in Glauben und Hoffnung waren immer diejenigen, die sich ausdauernd und ohne zu wanken langfristig engagiert haben. Reisende, die ihrer Verzweiflung anheim gefallen sind, sind dagegen meistens auf der Strecke geblieben. Wer es an Aufmerksamkeit und Tatendrang vermissen lässt, kann keine Fortschritte machen. Wer schläfrig ist, wird seine Ziele verfehlen, und wer seine Entschlossenheit und Willenskraft eingebüßt hat, wird sich kaum lange aufrechthalten können. Wenn wir an morgen denken und von einer goldenen Zukunft träumen, dürfen wir nicht aus den Augen verlieren, dass zur Überbrückung gewaltiger Distanzen eine höhere Geschwindigkeit angeschlagen werden muss und dass das Besteigen hoher Gipfel Beharrlichkeit, Willenskraft und Planung erfordert. So oft schon, in jeder Epoche der Weltgeschichte, konnten schier unüberwindliche Höhen durch bloße Unbeugsamkeit und Zähigkeit erklommen werden - von jenen nämlich, die genau wussten, welchem Weg sie folgten, auf welches Ziel sie zusteuerten und auf welche Kräfte sie sich verlassen konnten. Sie triumphierten aufgrund ihrer Bewusstheit und inneren Dynamik. Das Erdreich erzitterte unter ihren Füßen, die Himmel hießen ihr Wissen willkommen, die Distanzen begrüßten ihre Bemühungen, und Hindernisse wurden ihnen zu Brücken zum Ziel. Sie obsiegten stets über die Dunkelheit, verwandelten Schwierigkeiten in Barmherzigkeit, Probleme in Wohlergehen und Unterdrückung in ein Sprungbrett für den Fortschritt.

Menschen mit einem solchen Wesen streben selbst dann nach dem morgigen Tag, wenn der heutige in Trümmern liegt; und wenn auch ihr Morgen verloren ist, so geben sie ihren Pferden die Sporen und reiten jenen Tagen entgegen, die in noch fernerer Zukunft liegen. Sie lassen sich von niemandem zurückhalten, jeder Versuch ist zwecklos. Mit ihrem Glauben, ihrer Entschlossenheit und Hoffnung werden sie in der Aussicht auf neue Taten und Erfolge immer jünger, auch wenn sie so manche Niederlagen und Tiefschläge erdulden müssen. Sie verfallen nie in Verzweiflung oder Niedergeschlagenheit, so sehr ihnen auch Wut und Hass zu schaffen machen. Ihre Horizonte verfinstern sich nie ganz, da sie weder dem Gestern noch dem Heute oder Morgen verhaftet sind. Sie sind die Meister des Augenblicks, Kinder ihrer Zeit. Sie sprechen die Sprache ihres Zeitalters, sind sich gleichzeitig der Mysterien ihres Heiligen Buches bewusst und haben den Geist ihres Glaubens verinnerlicht. Überall dort, wo sie sich gerade aufhalten oder wo man ihre Gegenwart spürt, erinnert man sich der Gemeinschaft des Zeitalters der Glückseligkeit. Mit ihren rechtschaffenen Gefühlen und Gedanken, ihrem makellosen und unschuldigen Wesen, ihrer Loyalität und Ergebenheit und ihrem starken Charakter lassen sie sich nicht verbiegen, ist jeder von ihnen eine Staute aus Granit. Nicht einmal dann, wenn um sie herum alles zusammenbricht, wird von ihnen - so Gott will - auch nur ein Splitter abbröckeln.

Wir hoffen von ganzem Herzen, dass sich unsere Sehnsüchte dank dieser unbeugsamen Charaktere schon bald erfüllen werden, dass sich all jene, die so unendlich lange gebeugt gingen, endlich wieder aufrichten und herausschreien: "Es gibt uns noch!" Wir hoffen darauf, dass unterjochte Seelen mit neuem Leben erfüllt werden, die Finsternis abschütteln und unter größten Anstrengungen den Gipfel ihres Schicksals erklimmen werden, dass sie zu ihrer Essenz zurückfinden und alle Hindernisse überwinden können, die der Rechtleitung durch ihre wahren spirituellen Wurzeln und Werte im Weg stehen könnten.

Anmerkungen
1 Schimr war der Mörder von Husayn, dem Enkel des Propheten Muhammad. Im Jahr 680 entsandte der Umayyadenkalif Yazid ein Heer, das Husayn davon überzeugen sollte, Yazid als Staatsoberhaupt anzuerkennen. Doch stattdessen wurden Husayn, seine Familie und sein kleines Gefolge in Kerbela grausam ermordet. Seit dieser Tragödie stehen die Namen Yazid und Schimr in der islamischen Welt als Synonyme für Sünde, Mord und Tyrannei.
2 Mit Revan ist der Fluss Ab-i Revan gemeint, von dem in einem Gedicht von Muhammed Lutfi die Rede ist. In der Literatur zu der Tragödie von Kerbela wird berichtet, dass man Husayn und seiner Familie den Zugang zu diesem Fluss verweigerte. Es handelt sich hier also um eine poetische Anspielung. Lutfi (gest. 1956), auch bekannt als Alvarli Efe Hazretleri, war ein berühmter Gelehrter und Dichter aus Erzurum. Das besagte Gedicht ist den traurigen Geschehnissen von Kerbela gewidmet.
3 Die Namen und Orte in diesem Satz beziehen sich alle auf die in ,Anmerkung 1 erwähnten tragischen Ereignisse von Kerbela.