Andere Argumente für die Wiederauferstehung

Die universelle Weisheit macht die Wiederauferstehung zwingend erforderlich

Gott handelt absolut frei; Er tut, was immer Er will, und niemand kann Ihn für das, was Er tut, zur Verantwortung ziehen. Da Er aber der Weise ist, handelt Er absolut zweckorientiert und überlegt. Er verausgabt sich niemals umsonst und tut nichts, was vergeblich oder nutzlos wäre.

Wenn wir uns selbst einmal genau betrachten, unser Wesen, unsere physische und spirituelle Identität und Struktur, dann werden wir feststellen, dass wir aus bestimmten, wichtigen Gründen erschaffen wurden. In unserem ganzen Körper existiert nicht ein einziges nutzloses Atom. Das Gleiche gilt auch für das Universum, das, wenn man so will, ein Makro-Mensch ist. Denn jeder einzelne Bestandteil des Universums manifestiert bedeutende Absichten und enthält unzählige Hinweise auf Weisheit.

Der Mensch nimmt in der Schöpfung einen einzigartigen Platz ein; denn wir tragen einen Aspekt all dessen, was im Universum existiert, in uns. Mit unseren geistigen und spirituellen Fähigkeiten repräsentieren wir engelhafte und andere spirituelle Welten wie die Welt der Symbole oder der immateriellen Formen. Darüber hinaus verfügen wir sogar auf Grund unserer angeborenen Fähigkeit zu lernen und auf Grund unseres freien Willens über das Potenzial, selbst die Engel noch zu übertreffen. Mit unserer physischen oder biologischen Existenz repräsentieren wir Pflanzen und Tiere. Obwohl wir Raum und Zeit verhaftet sind, reichen wir mit unseren spirituellen Fähigkeiten und anderen Kräften wie der Vorstellungskraft über sie hinaus. Aber trotz unseres im Vergleich zu den anderen Geschöpfen unvergleichlichen Wertes sterben einige von uns schon bei der Geburt oder in jungen Jahren.

Wir sehnen uns nach der Ewigkeit und wünschen uns ein ewiges Leben; einige unserer Sinne oder Gefühle geben sich mit weniger nicht zufrieden. Wenn wir zwischen ewigem Leben und schweren Mühen einerseits und ewiger Nichtexistenz nach einem kurzen luxuriösen Leben andererseits wählen dürften, würden wir wohl höchstwahrscheinlich das ewige Leben vorziehen. Wahrscheinlich würden wir sogar einen ewigen Aufenthalt in der Hölle der ewigen Nichtexistenz vorziehen. Gott, der Barmherzige und Weise, hat uns nicht zur ewigen Nichtexistenz verurteilt. Er hat uns die Sehnsucht nach Unsterblichkeit auch nicht verliehen, damit wir Qualen leiden, weil wir etwas anstreben, was unmöglich zu verwirklichen ist. Demnach erfordert die Weisheit Gottes die Existenz einer ewigen Welt, einer Welt, in der der Mensch ewig leben wird.

Die diesseitige Welt kann den wahren Wert des Menschen gar nicht ermessen

Obwohl wir nur über einen winzigen physischen Körper verfügen, erlauben uns unsere geistigen und spirituellen Fähigkeiten, das gesamte Universum zu umarmen. Unsere Handlungen sind sich nicht allein auf die sichtbare Welt beschränkt und daher auch nicht den Schranken von Raum und Zeit unterworfen. Der Mensch besitzt ein so universelles Wesen, dass sich die Handlungen des ersten Menschen auch noch auf den Charakter des letzten Menschen, ja sogar auf die Gesamtheit der Existenz auswirken. Den Menschen auf eine physische Einheit, auf einen sehr kurzen Zeitabschnitt oder auf einen begrenzten Bereich des Raumes zu beschränken (wie es die Materialisten tun), enthüllt eine völlige Fehleinschätzung und ein falsches Verständnis dessen, was uns ausmacht.

Die Waagen dieser Welt können weder den intellektuellen und spirituellen Wert der Propheten und deren Leistungen noch das Ausmaß der von Verbrechern wie Pharao, Nero, Hitler, Stalin und anderen verursachten Zerstörungen auswiegen. Auch das Gewicht des wahren Wertes eines aufrichtigen Glaubens und moralischer Qualitäten können sie nicht bemessen. Womit könnte man denn auch einen Märtyrer angemessen entschädigen, der alles, was er besitzt, um der Sache Gottes willen, für seine Mitmenschen oder für universelle menschliche Werte wie Gerechtigkeit und Wahrheitstreue opfert? Womit könnte man denn einen gläubigen Wissenschaftler bezahlen, dessen pflichtbewusste Forschung eine Erfindung hervorgebracht hat, aus der die ganze Menschheit bis zum letzten Tag Nutzen ziehen wird? Nur die Waagen der anderen Welt, die sogar auf das Gewicht eines Atoms an Gutem und auf das Gewicht eines Atoms an Schlechtem reagieren, sind dazu in der Lage.

Und Wir werden Waagen der Gerechtigkeit für den Tag der Auferstehung aufstellen, sodass keine Seele in irgendeiner Weise Unrecht erleiden wird. Und wäre es das Gewicht eines Senfkorns, Wir würden es hervorbringen. Und Wir genügen als Rechner. (21:47)

Selbst wenn es nichts anderes gäbe, was eine Wiederauferstehung erforderlich machen würde, würde allein die Erfordernis, dass die Taten der Menschen ausgewogen werden, ein unendlich gerechtes und sensibles Gleichgewicht hervorbringen.

Alle Handlungen Gottes dienen einem Zweck, manche auch mehreren Zwecken. Deshalb erfordert Seine universelle Weisheit die Wiederauferstehung. Wenn dies nicht so wäre, müssten wir uns u.a. mit folgenden Fragen auseinandersetzen: Der Majestätische Eine manifestiert Seine Souveränität als Herrscher in der im Universum von den Atomen bis hin zu den Galaxien bestehenden Ordnung, Zweckgebundenheit, Gerechtigkeit und Ausgeglichenheit. Wie könnte Er sich da gegenüber Gläubigen, die den Schutz Seiner Herrschaft und Souveränität suchen, die an Seine Weisheit und Gerechtigkeit glauben und Ihm gehorchen, indem sie ihn anbeten, nicht erkenntlich zeigen? Würde Er es zulassen, dass jene Unbesonnenen, die Seine Weisheit und Gerechtigkeit leugnen, sich gegen Ihn auflehnen und Ihn leugnen, ungeschoren davonkommen? Weil in dieser vergänglichen Welt kaum ein Tausendstel Seiner Weisheit und Gerechtigkeit gegenüber den Menschen etabliert ist, verlassen die meisten der Fehlgeleiteten diese Welt unbestraft; und die meisten der Rechtgeleiteten sterben, ohne belohnt worden zu sein. Die Gerechtigkeit Gottes ist notwendigerweise einem Obersten Gerichtshof übertragen worden, der jeden einzelnen Menschen belohnen oder bestrafen wird.

Natürlich wird der Eine, der unsere Welt beherrscht, unendlich weise urteilen. Man schaue sich doch nur einmal an, wie sich Nutzen und Vorzüge aller Dinge manifestieren. Jede Gliedmaße, jeder Knochen und jede Vene des Menschen, jede Gehirnzelle und jedes Zellteilchen dient vielen weisen Zwecken. Diese Tatsache bestätigt, dass alles in Übereinstimmung mit einer unendlichen Weisheit geplant und ausgeführt wird. Die absolute Ordnung, die der Gestaltung aller Dinge zu Grunde liegt, ist ein weiterer Beweis. Kurzum: Wir, die Menschen, wurden zu universellen Zwecken erschaffen. Dies unterstreicht auch der Koran:

„Glaubtet ihr denn, Wir hätten euch in Sinnlosigkeit erschaffen, und ihr würdet nicht zu Uns zurückgebracht?" Darum ist Allah, der Wahre König, hoch erhaben. Es ist kein Gott außer Ihm, dem Herrn des Würdigen Throns. (23:115-116)

Der Mensch ist somit nicht aus bloßer Spielerei oder zum Scherz erschaffen worden. Das Grab, die ewige Nichtexistenz, ist nicht sein endgültiges Schicksal. Der Mensch ist für ein anderes, ewiges Leben erschaffen worden, das aus all seinen Handlungen für ihn bereitet wird - für eine Welt, die entweder voller ewiger Schönheiten und Segnungen oder voller Schlechtigkeiten und Niederträchtigkeiten stecken wird.

Die Barmherzigkeit und Großzügigkeit Gottes erfordert die Wiederauferstehung

Je bedürftiger und hilfloser ein Geschöpf ist, desto intensiver wird es gefördert. Der Mensch z.B. wird während der ersten Phasen seines Lebens, vor und unmittelbar nach seiner Geburt, in bester Weise versorgt. Wenn er dann zu einem Erwachsenen heranwächst und sich seiner persönlichen Stärke und Willenskraft bewusst wird, versucht er, oft unter großen Schwierigkeiten, seinen eigenen Lebensunterhalt und den seiner Familie zu sichern.

Tiere wie Wölfe und Füchse, die sich auf ihre Kraft und Schläue verlassen können, können sich trotz intensiver Bemühungen oft nur sehr dürftig ernähren, während Obstwürmer einen sehr einfachen Zugang zur besten Nahrung haben. Auch den Pflanzen, die nicht in der Lage sind, sich zu bewegen, wird ihre Nahrung zugeteilt, ohne dass sie sich bemühen müssten. All diese Beispiele und viele andere mehr zeigen ganz deutlich, dass ein absolut Barmherziges und Freigebiges Wesen alle Geschöpfe ernährt und am Leben erhält.

Gottes Barmherzigkeit und Seine Freigebigkeit sind ewig

Ein ewig existierender Gott manifestiert Sich in aller Ewigkeit und verlangt nach der Existenz ewig existierender Wesen. Seine ewige Barmherzigkeit und Freigebigkeit erfordern ewige Manifestationen und ewige Wesen, denen ewige Gunstbeweise zu Gute kommen. Unsere materielle Welt unterliegt jedoch der Vergänglichkeit, und Millionen von Lebewesen sterben Tag für Tag. Die Auslöschung so vieler Leben weist auf den endgültigen, allumfassenden Tod dieser Welt hin.

Weder diese materielle Welt noch die Lebewesen, die in ihrem Bemühen, sich am Leben zu erhalten, einer großen Anzahl von widrigen Umständen und Schwierigkeiten ausgesetzt sind, können die vollständige Manifestation der Namen und Attribute Gottes empfangen. Wir Menschen beispielsweise sind nicht in der Lage, all unsere Begierden und Gelüste zu befriedigen. Eigenschaften wie Jugend, Schönheit und Stärke, in die wir unsere Hoffnungen setzen, verlassen uns, ohne uns Lebewohl zu sagen, und fügen uns Leid zu. Schon wenn wir nur eine einzige Traube auf den Tisch bekommen möchten, müssen wir große Anstrengungen unternehmen. Würde es nicht einer Beleidigung und Verhöhnung gleichkommen, wenn unsere ewige Ernährung eingestellt würde, nachdem wir sie doch schon geschmeckt haben? Wahre Gunstbeweis sind immer verfügbar. Ohne ein ewiges Leben, in dem wir uns all unsere Wünsche ewig erfüllen können, verwandeln sich aber alle Wohltaten und Gunstbeweise, die Gott, der Allmächtige, uns in dieser Welt gewährt, in Schmerzen und Sorgen. Nachdem Gott diese Welt völlig zerstört hat, wird er sie deshalb in eine ewige Welt verwandeln, die in der Lage sein wird, die Manifestationen Seiner Barmherzigkeit und Freigebigkeit uneingeschränkt zu empfangen. Er wird sie in eine Welt verwandeln, in der wir uns all unsere Wünsche in alle Ewigkeit erfüllen können.

Die Barmherzigkeit und die Fürsorge Gottes erfordern die Wiederauferstehung

Die Barmherzigkeit und die Fürsorge Gottes heilen Wunden, gekränkte Herzen und verletzte Gefühle. Sie sind es, die einen Patienten gesund werden lassen, die die Leiden des Abschieds stoppen und Schmerzen und Sorgen in Freude und Heiterkeit verwandeln. Sie kommen Menschen und Tieren in allen Lebensabschnitten und insbesondere vor und nach der Geburt zu Hilfe. Die Mutterleibe der Tiere und Menschen sind behütete Aufenthaltsorte, in denen die jungen Geschöpfe ernährt werden, ohne dass sie selbst zu ihrem Lebensunterhalt beitragen müssten. Nach der Geburt stellen die Barmherzigkeit und die Fürsorge Gottes diesen jungen Geschöpfen mit der Muttermilch die beste Nahrung und die fürsorglichen Gefühle ihrer Eltern bereit. All diese Dinge sind eine einzige Manifestation der Barmherzigkeit und der Fürsorge Gottes.

Die Barmherzigkeit und die Fürsorge Gottes umfassen zwar das ganze Universum, aber in der Welt begegnen wir Wunden und verletzten Gefühlen, unheilbaren Krankheiten, Hunger, Durst und Armut. Warum? Die Antwort liegt auch hier in der Tatsache begründet, dass diese materielle Welt nicht in der Lage ist, alle Manifestationen der Barmherzigkeit und der Fürsorge Gottes zu empfangen. Unser Unvermögen, unsere Ungerechtigkeit gegenüber unseren Mitmenschen und unser Missbrauch unserer angeborenen Fähigkeiten treten zwischen uns und die Manifestationen der Barmherzigkeit und der Fürsorge Gottes. Vor allem aber müssen alle Lebewesen sterben; und unsere Trauer angesichts dieser Realität lässt sich nur mit dem Glauben an eine andere, ewige Welt überwinden.

Als der Gesandte Gottes einmal in der Moschee saß, wurden einige Kriegsgefangene zu ihm gebracht. Eine Frau, die in großer Sorge nach jemandem suchte, zog die Aufmerksamkeit des Propheten auf sich. Jeden Jungen, den sie sah, drückte sie an ihre Brust und ließ ihn dann wieder los. Als sie ihren Sohn schließlich fand, umarmte sie ihn, drückte auch ihn an ihre Brust und liebkoste ihn liebevoll. Da brach der Gesandte in Tränen aus. Er zeigte auf die Frau und fragte seine Gefährten:

Seht ihr die Frau? Wirft sie das Kind in ihren Armen in die Hölle? „Nein", antworteten die Gefährten, und der Gesandte fuhr fort: Gott ist noch mitfühlender als diese Frau. Er wirft Seine Diener nicht in die Hölle [es sei denn, die Diener verdienten es absolut nicht anders].[1]

Die Barmherzigkeit und die Fürsorge Gottes werden sich in der kommenden Welt in vollem Umfang manifestieren; denn in jener Welt gibt es keine Vermittlung, keine Trauer und keinen Schmerz.

Die Gerechtigkeit und die Ehre Gottes erfordern die Wiederauferstehung

Gottes Namen und Attribute sind absolut und ewig. Weil Gott Selbst absolut und ewig barmherzig, mitleidig und vergebend ist, ist Er auch absolut und ewig mächtig, gerecht und würdevoll. Obwohl Seine Barmherzigkeit alle Dinge umfasst (7:156) und, wie in einem Hadith berichtet wird, Seinen Zorn übersteigt, begehen einige Menschen so schwere Verbrechen und Sünden (sie glauben z.B. nicht an Gott und gesellen Ihm Partner bei), dass sie eine ewige Bestrafung verdienen. Trotz der klaren Aussage Gottes, dass jeder, der einen Menschen zu Unrecht tötet, so bewertet wird, als hätte er die ganze Menschheit getötet (siehe Koran, 5:32), werden gerade in der Welt von heute, in der das Recht des Stärkeren gilt, fast täglich Tausende unschuldiger Menschen getötet. Viele andere werden ungerecht behandelt und ihrer grundlegenden Menschenrechte beraubt. Was aber noch viel schlimmer ist: Viele der schlimmsten Sünden und Ungerechtigkeiten bleiben ungesühnt.

Der Tod macht keinen Unterschied zwischen Unterdrückten und Unterdrückern, Unschuldigen und Verbrechern oder vorbildlichen Menschen und Sündern. Das heißt, dass geringere Vergehen noch in dieser Welt geahndet werden, oder auch nicht. Größere Verbrechen hingegen werden vor dem Obersten Gerichtshof im Jenseits verhandelt, an dem Gott absolute Gerechtigkeit walten lassen wird.

Eines Tages werden diejenigen, die sich Gott gegenüber als dankbar erwiesen haben, mit Worten wie diesen willkommen geheißen werden:

Esst und trinkt und lasst es euch wohl bekommen für das, was ihr in den vergangenen Tagen gewirkt habt! (69:24)

Friede sei auf euch! Seid glücklich und geht dort ein und weilt auf ewig darin! (39:73)

An diesem Ort hat Gott Dinge für uns bereitet, die wir uns nicht einmal ansatzweise vorstellen können:

Allah hat für sie Dinge vorbereitet, die noch kein Auge zuvor gesehen hat, von denen noch kein Ohr gehört hat, und von denen kein Verstand eine Vorstellung hat.[2]

Diejenigen aber, die diese Welt mit dem Blut, das sie vergossen, und mit den Sünden und Verbrechen, die sie begingen, befleckt haben, werden mit folgendem Schrei in die Hölle geworfen werden:

Geht denn ein durch die Pforten der Hölle, und bleibt darin auf ewig! Und übel ist die Wohnstatt der Hochmütigen. (39:72)

Die Gnade und die Großzügigkeit Gottes erfordern die Wiederauferstehung

Ein frommer Mensch fragte den Abbasidenkalifen Harun Ar-Raschid einmal: „Wenn du unbedingt ein Glas Wasser bräuchtest, gäbest du dafür dein Königreich her?" „Ja, das täte ich", antwortete Harun. „Wenn du es nicht aus deiner Tasche bezahlen könntest, gäbest du auch dann dein Königreich her, um es bezahlen zu können?" „Ja, das täte ich", antwortete Harun erneut. Der fromme Mensch zog hieraus den Schluss: „Dann bestehen dein ganzer Reichtum und dein ganzes Königreich aus einem einzigen Glas Wasser."

Mit nahezu allem, was wir benötigen, werden wir versorgt, ohne eine Gegenleistung erbringen zu müssen. Je dringender wir auf etwas angewiesen sind, desto reichlicher und billiger ist es in der Natur vorhanden. Am wichtigsten für uns ist die Luft, die es gratis gibt. An zweiter Stelle folgt das Wasser, das es ebenfalls fast umsonst gibt. Gott sendet uns beide Elemente aus dem Schatz Seiner unendlichen Barmherzigkeit, ohne dass wir unsererseits einen Beitrag hierzu leisten müssten. Auch Wärme und Licht benötigen wir dringend, und erhalten sie - gleichermaßen unentgeltlich - von der Sonne. Was die weiteren Gunstbeweise Gottes betrifft, so sind sie äußerst preiswert. Und trotzdem fordern wir immer noch weitere Wunder, um an Gott glauben zu können. Was auch immer wir tun, um uns diese Gunstbeweise zu beschaffen, ist mit einem nur sehr geringen Aufwand verbunden. Und dennoch: Würden uns all diese Wohltaten oder Segnungen nur vorübergehend und in unvollkommener Art und Weise gewährt, würde die Furcht vor dem Tod sie in Gift verwandeln.

Weil Gott aber ewig ist, wird Er uns ewig versorgen und uns unvergängliche, immer erhabenere Formen von Gunstbeweisen bescheren, ohne dass wir dafür aufzukommen hätten. Und weil diese Gunstbeweise unvergänglich sind, wird auch unsere Furcht vor dem Tod sie nicht in Quellen des Leides verwandeln. Für die Gläubigen ist der Tod ein Transfer von einer Welt in die andere, eine Entlassung aus weltlichen Verpflichtungen, eine Einladung an den ewigen Aufenthaltsort, den Er uns bereitet hat, und ein Reisepass, der uns berechtigt, zu diesem Aufenthaltsort aufzubrechen.

Die Schönheit Gottes verlangt die Wiederauferstehung

Wenn wir einmal dem Gesang der Vögel an einem Frühlingsmorgen oder dem Rauschen eines Baches, der durch grüne Felder oder tiefe Täler fließt, lauschen und die Schönheit der unglaublich grünen Ebenen und der blühenden Bäume oder auch das Schauspiel von Sonnenauf- und Sonnenuntergang oder des Vollmondes in einer wolkenlosen, klaren Nacht betrachten, dann sollte uns etwas klar werden: Dies alles und viele weitere Phänomene, die Gott unseren Sinnen präsentiert, sind nicht mehr als ein einziger Schimmer der absoluten und ewigen Schönheit Gottes, die durch viele Schleier hindurch manifestiert wird. Wenn wir uns Manifestationen Seiner Schönheit wie diese, durch die Gott Sich uns bekannt macht, vor Augen führen, kommen wir zwangsläufig ins Schwärmen.

Gunstbeweise, die vergänglich sind, hinterlassen, sobald sie verschwinden, in unseren Herzen unerträgliche Schmerzen. Käme der Frühling im nächsten Jahr nicht wieder, würden wir bis zu unserem Tod darüber trauern. Ein wahrer Gunstbeweis muss also notwendigerweise ewig sein. Gott, der ewig Schöne Eine, präsentiert uns in dieser Welt nur die Schatten Seiner Schönheit, um in uns die Sehnsucht nach ihren ewigen und vollkommenen Manifestationen zu wecken. Und was noch wichtiger ist: Er wird uns gestatten, Ihn im Paradies ohne irgendwelche qualitativen und quantitativen Beschränkungen zu betrachten.

An jenem Tage wird es strahlende Gesichter geben, die zu ihrem Herrn schauen. (75:22-23)

Die Beziehung zwischen den Dingen und den Menschen deutet auf die Wiederauferstehung hin

Der Mensch und seine Umwelt sind untrennbar miteinander verknüpft. Wir werden in eine freundliche Welt hineingeboren und mit den erforderlichen Sinnen ausgestattet. Wir verfügen über Gefühle wie Anteilnahme, Mitleid, Fürsorge und Liebe, weil es in dieser Welt so viele Dinge gibt, die man lieben, um die man sich sorgen und für die man Mitleid empfinden kann. Wir verspüren Hunger und Durst, Kälte und Hitze. Glücklicherweise können diese Bedürfnisse und Empfindungen entweder mit dem, was schon vor unserer Geburt vorbereitet wurde, oder mit Hilfe geringer Anstrengungen unsererseits gestillt werden.

Als Beispiel soll mir ein Apfel dienen. Seine Farbe und seine Schönheit gefallen unseren Augen und sprechen unseren Sinn für Schönheit an. Mit seinem Geschmack wendet er sich an unseren Geschmackssinn, und mit seinen Vitaminen nährt er unseren Körper. Besäße er ein hässliches Äußeres und keinen angenehmen Geschmack, würden wir uns vielleicht weigern, ihn zu essen, und uns damit seiner für uns so wertvollen Nährstoffe berauben.

Dieses und viele weitere Beispiele aus der Natur beweisen klar und deutlich, dass Jemand sowohl den Menschen erschaffen als auch eine Welt für ihn vorbereitet hat. Gott kennt den Menschen mit all seinen Bedürfnissen, Fähigkeiten und Eigenschaften genauso gut, wie Er die Natur bis hin zu ihren winzigsten Bausteinen kennt.

Ein weiteres Beispiel: Die Fortpflanzung hängt von gegenseitiger Liebe und Anziehung zwischen den Geschlechtern ab. Hätte Gott, der Eine, Männern und Frauen diese Liebe und Anziehung nicht gewährt, hätte Er ihnen nicht erlaubt, beim Prozess der Fortpflanzung Freude zu empfinden, und hätte Er keine starke Liebe und Sorge um unsere Nachkommen in uns verwurzelt, dann hätten wir uns niemals fortgepflanzt. Adam und Eva wären dann wohl die ersten und einzigen Mitglieder der Spezies Mensch geblieben.

Der Tod bereitet allen Freuden ein Ende und lässt alles so zurück, als habe es nie existiert. Ohne die Wiederauferstehung wäre dieses Leben lediglich ein bedeutungsloses Spielzeug, das nichts als Leid und Schmerzen produziert. In Wirklichkeitjedoch ist diese Welt eine schemenhafte Miniatur der anderen, ewigen Welt. Die Wohltaten, die Gott uns hier bewilligt, sind nur Muster ihrer ewigen und weitaus anspruchsvolleren Formen in der ewigen Welt. Gott gewährt sie uns und legt uns gleichzeitig nahe, so zu handeln, dass wir sie uns auch verdienen. Im Koran heißt es:

Und verkünde die frohe Botschaft denjenigen, die glauben und Gutes tun, auf dass ihnen Gärten zuteil werden, in deren Niederungen Bäche fließen; und sooft sie eine Frucht daraus bekommen, sagen sie: „Das ist doch das, was wir schon früher zu essen bekamen." Doch ihnen wird nur Ähnliches gegeben. Und ihnen gehören darin Gattinnen vollkommener Reinheit und sie werden ewig darin bleiben. (2:25)

Alle Freuden und Schönheiten, alle Belohnungen und alles Glück in dieser Welt weisen auf ihre vollkommenen und ewigen Gegenstücke im Paradies hin, während Schmerzen, Strafen, Hässlichkeit und Unglück auf ihre Gegenstücke in der Hölle hinweisen. Gott möchte die Trümmer, die von dieser Welt nach ihrer Zerstörung übrig bleiben, nutzen, um auf ihnen die andere Welt zu errichten. Von daher deuten die Wechselbeziehungen zwischen den Dingen in dieser Welt und zwischen dieser und der anderen Welt auf die Wiederauferstehung hin.

Protokollierung und Archivierung sprechen für die Wiederauferstehung

Es gibt absolut nichts, was vollständig aus dieser Welt verschwände. Wenn doch jedes einzelne Wort und jede einzelne Handlung des Menschen auf Bändern aufgezeichnet und archiviert werden kann, warum können wir dann akzeptieren, dass Gott die Worte und Taten der Menschheit auf irgendeine, uns bis jetzt noch nicht bekannte Weise aufzeichnet? Fortschritte in Wissenschaft und Technik erbringen jeden Tag neue Beweise für die Existenz und die Einheit Gottes und bekräftigen, genauso wie der Ursprung des Koran bei Gott die Wahrheit der islamischen Glaubensgrundsätze. Der Koran hat schon vor Jahrhunderten erklärt:

Wir werden sie Unsere Zeichen überall auf Erden und an ihnen selbst sehen lassen, damit ihnen deutlich wird, dass es die Wahrheit ist. Genügt es denn nicht, dass dein Herr Zeuge aller Dinge ist? (41:53)

Wenn die Menschen aufrichtig nach der Wahrheit suchen und sich nicht von Vorurteilen, Unwissenheit, weltlichen Ambitionen und Gelüsten blenden lassen, dann manifestiert jeder neue Fortschritt die Wahrheit des Koran. Wir erkennen, dass Gott alles in so kleine Einheiten wie Samenkörner einhüllt. Der Mensch z.B. ist in einen Samen bzw. in dessen 46 Chromosomen eingewickelt. Hätten wir 44 oder 48 Chromosomen, wären wir ganz andere Wesen. Wenn wir sterben und in der Erde dahinschwinden, wird unser wesentlicher Teil, wie bereits erwähnt, erhalten bleiben; denn Gott wird uns am Tage der Wiederauferstehung aus diesem Teil neu zusammensetzen. Gott bewahrt alles und erlaubt nicht, dass irgendetwas für immer verschwindet. Auch eine Pflanze, die im Herbst oder Winter verwelkt, lebt in unzähligen Erinnerungen und in ihren Samenkörnern weiter, die sie im folgenden Frühling in nahezu identischer Form zurückbringen werden.

Gott bewahrt aber nicht nur Dinge in Samenkörnern, sondern auch Geräusche, Stimmen und Erscheinungsformen und Bilder auf ‚Bändern' oder anderen Medien, um sie in der anderen Welt zur Schau zu stellen. Eines Tages werden diese Töne und Bilder freigegeben werden.

Irgendwann einmal habe ich von einem Experiment gelesen, das von einem Wissenschaftler mit dem Ziel durchgeführt wurde, einen Mörder zu finden. Die Verdächtigten wurden einer nach dem anderen zu dem Baum gebracht, unter dem das Verbrechen begangen worden war. Der Baum zeigte keinerlei Auffälligkeiten, bis der Mörder in seine Nähe gebracht wurde. Dann jedoch ließ sich eine Reaktion feststellen. Auf irgendeine Weise hatte der Baum Stimme, Verhalten oder Gesten des Mörders während des Verbrechens aufgezeichnet. Gott wickelt den Menschen in einen Samen, die Pflanze in ein Samenkorn und die Henne in ein Ei; und indem Er uns in die Lage versetzt, Töne und Bilder zu speichern, zeigt Er uns, dass Er Selbst alles aufzeichnet. Würde Er also ausgerechnet den Menschen, das edelste und vollkommenste Wesen der Schöpfung seinen beschränkten Mitteln überlassen und Seine Aufzeichnungen einfach verschwinden lassen? Natürlich nicht. Er wird uns in einer anderen, ewigen Welt zu neuem Leben erwecken.

Die Macht Gottes beweist die Wiederauferstehung

Stellen wir uns einmal ein Atom vor. Seine Konstruktion und seine Verbindungen zu anderen Atomen sind erstaunliche Wunder. Die Erschaffung eines Sonnensystems und die eines Atoms (die ja beide über Körper verfügen, die sie umkreisen), die Abstimmung ihrer Bewegungen und das Knüpfen von Verbindungen untereinander fallen Gott gleichermaßen leicht. Zellen ähneln unabhängigen Regierungen: Sie sind in Bezirke unterteilt, die Beziehungen zu anderen Bezirken unterhalten und von einem Zentrum kontrolliert werden. Außerdem verfügen sie auch über Finanzministerien, die ihre Einnahmen und Ausgaben verwalten. Fast hat es den Anschein, als sei jede einzelne Zelle genauso intelligent wie der intelligenteste Mensch auf Erden. Darüber hinaus bestehen sehr enge und substanzielle Beziehungen zwischen den Zellen, die alle von ein und demselben Zentrum regiert werden - dem Gehirn.

Dies sind nur einige wenige Beispiele, die die Macht des Schöpfers verdeutlichen. Ihm fällt nichts schwer; die Erschaffung und Verwaltung des Universums stellt Ihn ebenso wenig vor Probleme wie die Erschaffung und Verwaltung eines Atoms. Auch wenn die gesamte Menschheit Hand in Hand arbeiten würde - sie würde nicht ein einziges Atom zu Stande bringen. Wenn also der Allmächtige Eine sagt, dass Er das Universum zerstören und in anderer Form wieder aufbauen wird, dann wird Er das auch tun. Weil Gott niemals lügen würde und ohne jeden Makel ist, dürfen wir Seinem Versprechen vertrauen. Im Koran heißt es:

Wahrlich, der Tag der Entscheidung ist ein fester Termin an jenem Tag, da in den Sur gestoßen wird und ihr in Scharen kommt. (78:17-18)

Tod und Wiederbelebung weisen auf die Wiederauferstehung hin

Alljährlich wiederholt sich der Zyklus von Tod und Wiederbelebung. Im Winter bedeckt ein weißes ‚Totenhemd' die Erde, deren Lebenszyklus bereits im Herbst endet. Schon in jener Jahreszeit wird die Natur blass und weist immer weniger Spuren von Leben auf. Das Laub ist gefallen, die Bäume sind leblos wie harte Knochen. Das Gras ist verrottet, Blumen sind verwelkt, Zugvögel abgeflogen, und Insekten und Reptilien sind verschwunden.

Der Winter dauert jedoch nicht ewig. Ihm folgt überall auf der Erde eine Wiederbelebung. Sobald es wärmer wird, schlagen die Bäume aus und präsentieren sich in all ihrer Pracht dem Ewigen Zeugen. Der Erdboden springt auf, und allerorten beginnen Blumen und Gras zu sprießen. Samenkörner, die im vergangenen Herbst auf den Boden gefallen sind, sind gekeimt. Nachdem sie sich selbst zerstört haben, brechen sie nun wieder hervor und verwandeln sich in neue Lebensformen. Die Zugvögel kehren zurück, und die Erde wimmelt von zahllosen Insekten und Reptilien. Mit anderen Worten: Die Natur zeigt sich uns mit all ihrem Glanz und in all ihrer Pracht.

Widmen wir uns an dieser Stelle einmal dem Phänomen der Fotosynthese: Die Blätter der Bäume sind Lungen, die im Sonnenlicht Kohlendioxid in Kohlenstoff und Sauerstoff zerlegen, indem sie Sauerstoff abgeben und Kohlenstoff zurückbehalten. Diesen Kohlenstoff wiederum verbinden die Bäume mit dem Wasserstoff des Wassers, den ihre Wurzeln aus dem Erdboden ziehen. Aus dieser ‚magischen' Chemie lässt Gott Zucker, Zellstoff, zahlreiche Chemikalien, Früchte und Blumen entstehen (die sich in Geruch, Geschmack, Farbe und Aussehen voneinander unterscheiden). Dasselbe Kohlendioxid und dasselbe Wasser tragen zum Wachstum unzähliger Arten von Früchten mit unverwechselbarem Geschmack bei. Wie einfach dieser Prozess auch aussehen mag: Würden alle Menschen daran arbeiten, nur eine einzige Frucht, beispielsweise einen Apfel oder eine Kirsche, hervorzubringen - sie wären dazu nicht in der Lage.

Das Atmen kostet die Bäume sehr viel Energie, doch dafür bringt es ihnen einen umso höheren Nutzen. Nachts kehrt sich der Prozess um: Der Baum nimmt dann Sauerstoff auf und gibt Kohlendioxid ab.

Vergegenwärtigen wir uns nun noch einmal, welche wohl proportionierten Resultate diese unbewussten Aktivitäten erbringen. Und dann fragen wir uns, ob etwas, das so unwissend ist, das sich seiner eigenen Existenz so unbewusst ist und das über keinerlei Entscheidungskraft verfügt, dazu in der Lage wäre, so komplexe Dinge zu leisten, die doch augenscheinlich ein alles umfassendes Wissen, unbegrenzte Macht und verantwortungsvolle Entscheidungen erfordern. Eine Instanz, die Bäumen so bedeutende Zwecke zuweist und sie so viele gut durchdachte Resultate erbringen lässt, wird die Früchte des Schöpfungsbaumes - die Menschen - sicherlich nicht sich selbst überlassen und zu ewiger Vernichtung verdammen. Es wäre doch unlogisch, wenn Gott uns mit bestimmten Absichten erschaffen hätte und uns dann im Erdboden verrotten ließe. Er bewahrt Früchte sowohl in Erinnerungen als auch in ihren eigenen Samenkörnern und lässt Lebewesen, die ihnen ähnlich sind, im folgenden Sommer ins Leben zurückkehren, nachdem Er sie selbst im Körper eines Tieres oder eines Menschen auf eine höhere Lebensebene erhoben hat. Von daher wird Er auch den Menschen nach der totalen Zerstörung dieser Welt in einer anderen Welt auf eine höhere Lebensstufe heben.

Gott hat die Welt und den Menschen erschaffen, als noch absolut nichts existierte. Er hat die Bausteine unserer Körper aus Erde, Luft und Wasser zusammengesetzt und aus ihnen bewusste und intelligente Wesen geformt. Ist denn daran zu zweifeln, dass der Konstrukteur einer Maschine seine Maschine auseinander- und wieder zusammenbauen kann oder dass der Befehlshaber einer Armee seine in alle Himmelsrichtungen versprengten Soldaten mit einem Trompetensignal wieder zusammenrufen kann?

Auf ähnliche Weise wird Gott, der Allmächtige, unsere Atome, die sich mit der Erde vermischt haben, wieder zusammenführen und ihnen eine höhere und ewige Lebensform verleihen:

Sprich: „Zieht auf Erden umher und schaut, wie Er das erste Mal die Schöpfung hervorbrachte. Sodann ruft Allah die zweite Schöpfung hervor." Wahrlich, Allah hat Macht über alle Dinge. (29:20)

Schau dann auf die Spuren von Allahs Barmherzigkeit, wie Er die Erde nach ihrem Tode belebt. Wahrlich, Derselbe wird auch die Toten erwecken; denn Er hat Macht über alle Dinge. (30:50)

Viele weitere Phänomene im Universum weisen auf die Wiederauferstehung hin

Selbst den am unbedeutendsten erscheinenden Dingen auf Erden wird große Fürsorge entgegengebracht; außerdem werden ihnen zahlreiche Zwecke zugeordnet. Zellulose zum Beispiel ist das organische Gewebe, das die wesentlichen Bestandteile aller Pflanzen und Bäume formt. Ihre Elastizität erlaubt Pflanzen, sich zu neigen, und schützt sie davor zu zerbrechen. Darüber hinaus spielt sie bei der Herstellung von Papier eine wichtige Rolle.

Zellulose ist schwer verdaulich. Nur Enzyme, die von Wiederkäuern abgesondert werden, können sie auflösen. Andererseits unterstützt Zellulose aber die Ausscheidung, denn sie beschleunigt die Tätigkeit des Darms und beugt Verstopfung vor. Wiederkäuer sind wie Fabriken, die zellulosehaltige Substanzen in nützliche Materie verwandeln. Die Exkremente dieser Tiere finden als Dung Verwendung, denn unzählige Bakterien im Erdboden zehren von ihnen. Dieser Prozess erhöht die Produktivität des Bodens und befreit ihn von übel riechenden Substanzen.

Ohne Bakterien im Boden könnten Lebewesen nicht überleben. Ein Beispiel: Würden all die Fliegen, die im Frühjahr das Licht der Welt erblicken, nicht im Erdboden verschwinden, würden sie eine dicke Schicht bilden, die den ganzen Planeten bedecken würde. Durch die Manifestation Seines Namens ‚der Reinigende' setzt Gott, der Allmächtige, Bakterien zur Säuberung der Erde ein. Haben wir uns eigentlich jemals gefragt, warum die Wälder so sauber sind, obwohl Tag für Tag viele Tiere in ihnen sterben? Sie sind deshalb so sauber, weil Fleisch fressende Tiere und Bakterien verendete Tiere auffressen und den Erdboden von ihnen reinigen. Um es zusammenzufassen: Würde Gott, der selbst den am unbedeutendsten erscheinenden Geschöpfen erlaubt, erhabenen Zwecken zu dienen, es zulassen, dass wir Menschen in der Erde verfaulen, und so unsere Existenz zu äußerster Zwecklosigkeit verdammen?

Verheilte Wunden sprechen für die Widerstandsfähigkeit des Körpers. Früchte rufen uns die Bäume, an denen sie wuchsen, ins Gedächtnis. Fußspuren deuten auf jemanden hin, der vorbeigegangen ist, und tropfendes Wasser auf eine Quelle. Gleichsam sind unser Gefühl für die Ewigkeit und unser Streben nach ihr Zeichen des Ewigen Einen und einer ewig währenden Welt.

Diese Welt und alles, was zu ihr gehört, kann uns niemals zufrieden stellen. Wir sprudeln über vor erhabenen, feinen Gefühlen und streben nach hehren Idealen, die unmöglich in der Materie und in der materiellen Welt ihren Ursprung haben können. Vielmehr sind sie Reflexionen der immateriellen Dimensionen des Seins.

Philosophen, insbesondere die muslimischen, bezeichnen das Universum als einen Makromenschen und den Menschen als einen Normo- oder Mikrokosmos. Genau wie wir Menschen ist auch das Universum eine komplette Einheit, deren Einzelteile in Wechselbeziehung zueinander stehen. Wer weiß, ob es nicht einen Engel gibt, der mit der Aufgabe betraut wurde, das Universum zu repräsentieren, einen Engel, der als Geist des Universums fungiert. Auch das Universum ist verletzlich, und in seinen entlegensten Winkeln bilden sich, wie Einstein es formuliert, neue Körper. Auch das Universum hat, genau wie wir, einen Todeszeitpunkt, der ihm bestimmt ist.

Wir wissen nur wenig über die Schöpfung. Aber je mehr Wissen wir uns aneignen, desto mehr wächst paradoxerweise unsere Unkenntnis. Die Schöpfung befindet sich in einem permanenten Fluss, und wir tun kaum mehr, als sie zu beobachten. Der Prophet Muhammad, der letzte Gesandte Gottes, pflegte zu beten: O Gott, zeige mir die Realität der Dinge!

Alles im Universum hat einen Sinn. Das Ökosystem des Universums ist derart komplex, und seine Bestandteile sind so ineinander verwoben, dass der Verlust oder die Entfernung eines einzigen dieser Teile bereits die Zerstörung des Universums nach sich ziehen könnte. Um diese Realität zum Ausdruck zu bringen, erklärte der Gesandte Gottes: Würden Hunde nicht ebenso wie ihr eine Gemeinschaft bilden, würde ich euch befehlen, sie zu töten![3] Würden wir die Bakterien eines Baums abtöten, könnten wir keine Früchte ernten. Jede Spezies und sogar jeder Gegenstand hat in der Struktur des Universums seinen eigenen wichtigen Stellenwert. Ein so prachtvolles Universum kann nicht sinnlos sein. Es folgt einer flexiblen Zeitlinie. Sekunden zeigen auf Minuten, Minuten auf Stunden und Stunden auf das Ende des Tages und den Beginn des nächsten Tages. Tage deuten auf Wochen, Wochen auf Monate, Monate auf Jahre und Jahre auf das Ende unseres Lebens. Alle Sphären und Dimensionen der Schöpfung haben ihre eigenen Tage und ihre eigenen Lebensspannen, die irgendwann enden.

Auch die Zeit ist Zyklen unterworfen. Ein Wissenschaftler hat beispielsweise nachgewiesen, dass es alle sieben Jahre ein außergewöhnlich gutes Getreidejahr und alle vierzehn Jahre ein außergewöhnlich gutes Fischjahr gibt. Der Koran trägt dieser Tatsache in der Sure Yusuf Rechnung. Das ‚Leben' der Schöpfung folgt bestimmten Zyklen, so auch das irdische Leben und das des Grabes. Das Leben nach dem Tod, der letzte Zyklus, wiederum verfügt über viele eigene Zyklen. Der Koran bezeichnet sie als Tage, denn Tage sind die kürzesten Einheiten eines Zeitzyklus. Ein Tag entspricht dem ganzen Leben der Schöpfung. Die Spanne eines Tages erinnert uns an die Einteilungen dieser Welt von Morgendämmerung, Vormittag, Mittag, Nachmittag und Abend, die mit Zeitabschnitten unseres Lebens korrespondieren: mit der Geburt, der Kindheit, der Jugend, dem hohen Alter und dem Tod. Die Nacht wiederum ähnelt der Zwischenwelt des Grabes und dem auf sie folgenden Morgen, der Wiederauferstehung.

So gut wie alle Völker glaubten an die Wiederauferstehung

Selbst die Pharaonen des antiken Ägyptens, die für sich in Anspruch nahmen, Götter zu sein, glaubten an die Wiederauferstehung und wünschten, mit ihren wertvollsten Schätzen und Sklaven begraben zu werden. Auf den Inschriften, die man in ihren Gräbern fand, lesen wir:

„Nach ihrem Tod werden die Sünder hässliche Formen annehmen und bis in alle Ewigkeit unter der Erde bleiben; die reinen Seelen hingegen werden in die Gesellschaft der Engel eingehen und unter den Erhabenen weilen."

Auf Schriftstücken, die zusammen mit den Toten begraben wurden, finden wir auch Bittgesuche wie das folgende:

„Gegrüßt seist Du, o Du Erhabenes göttliches Wesen! Ich bin in Deine Gegenwart getreten, um Dein unendlich schönes Gesicht zu betrachten. Bitte gewähre mir diesen Anblick! Ich habe niemandem Unrecht getan und niemanden betrogen. Ich habe niemanden zum Weinen gebracht und niemanden umgebracht. Auch habe ich niemanden unterdrückt. Ich bin hier in Deiner Gegenwart, um Dir meine Situation zu schildern. Ich wünsche mir nichts anderes, als Dein Gesicht zu schauen."

Wenn wir die Gräber, Grabinschriften, Schriftstücke und Kunstwerke, die Verstorbenen mitgegeben wurden, erforschen, dann vernehmen wir in ihnen das Streben der Menschheit nach Ewigkeit, das in Form von Seufzern in der Vergangenheit widerhallt. Trotz aller Modifikationen und Verzerrungen, für die die Zeit im Laufe der Jahre gesorgt hat, lässt sich der Glaube an die Ewigkeit im antiken Indien, in China und in Griechenland ebenso leicht erkennen wie in einem Großteil der westlichen Philosophien.

So überliefert der muslimische Historiker und Theologe Schahristani zum Beispiel die Worte Zarathustras: „Der Mensch hat in der Welt Pflichten. Diejenigen, die ihren Pflichten zufrieden stellend nachkommen, werden geläutert werden und sich den Bewohnern der höheren Aufenthaltsorte anschließen. Die anderen, die bei der Erfüllung ihrer Pflichten versagen, werden jedoch dazu verdammt sein, bis in alle Ewigkeit unter der Erde zu bleiben."

Im Laufe der Geschichte hat es in Indien viele Religionen gegeben, obwohl es höchst wahrscheinlich ist, dass diese Religionen unterschiedliche verzerrte Versionen einer einzigen wahren Religion sind. Wie sehr sie auch entstellt wurden - so gut wie alle beinhalten das Prinzip des Glaubens an die Wiederauferstehung und an die Ewigkeit. In vielen dieser Religionen hat sich der Glaube an die Ewigkeit in einen Glauben an die Reinkarnation verwandelt. Buddha jedoch glaubte nicht an ewige Zyklen der Reinkarnation. Er ging vielmehr davon aus, dass die Seelen letzten Endes zum Absoluten Wesen zurückkehren und ewigen Frieden und ewige Zufriedenheit finden werden. Die Seelen, die in andere Körper schlüpfen, sind ihm zufolge böse und unterziehen sich dieser Prozedur, um in ihr geläutert zu werden. Wenn ihnen diese Läuterung gelungen ist, kehren auch sie zum Absoluten Wesen zurück und finden Frieden und Glückseligkeit.

Homer, ein griechischer Dichter der Antike, schrieb über die Zufluchtsorte der Seelen. Er war der Ansicht, dass die Seelen, die sich auf Erden in den Körpern manifestieren, an anderen Orten Zufluchtsorte haben. Der griechische Mathematiker Pythagoras glaubte an die Wiederauferstehung und erklärte, geläuterte Seelen würden sich den erhabenen Bewohnern höherer Welten anschließen, während die bösen Seelen auf der Erde gefangen bleiben sollten, die irgendwann einmal von den Flammen der Hölle umschlossen werde. Plato überlieferte uns viele Argumente, die Sokrates für die Wiederauferstehung und ein ewiges Leben vorbrachte. Einige Beispiele:

„Der Mensch sollte tugendhaft sein. Tugend erfordert Widerstand gegen sinnliche Begierden. Dieser wiederum ist für den Menschen mit einem Verlust verbunden, für den er mit einem ewigen, glücklichen Leben entschädigt wird."

„Die Welt ist eine Welt der Gegensätze. Licht und Dunkelheit, Frühling und Winter, Tag und Nacht folgen aufeinander. Der Tod folgt auf das Leben, also wird ein anderes Leben dem Tod folgen. Dieses zweite Leben aber wird ewig sein."[4]

„Jeder Mensch hat manchmal das Gefühl, etwas, das gerade mit ihm geschieht, nicht zum ersten Mal erlebt zu haben. Das liegt daran, dass wir dieses Leben, noch bevor wir auf die Welt kamen, schon einmal in einer anderen Welt, der Welt des Geistes, geführt haben. Unser Leben ist also das Ergebnis eines früheren Lebens und eine ‚Generalprobe' für ein anderes Leben, das noch kommt."

Wenngleich dieses letzte Argument höchst fragwürdig ist und obwohl es einer Reinkarnation des Menschen das Wort redet, beweist es eindeutig, dass Sokrates und sein Schüler Plato an ein Leben nach dem Tod glaubten.

Aristoteles schwächte den Idealismus seines Lehrers Plato durch die eine oder andere materialistische These ab. Aber auch er glaubte an die Existenz des Geistes und dessen Unsterblichkeit. Er sagte: „Der Mensch hat neben seinem materiellen Körper auch etwas Immaterielles an sich, das unsterblich ist."

Xenophanes und Heraklit zählen ebenfalls zu den griechischen Philosophen der Antike, die an ein Leben nach dem Tode glaubten. Xenophanes war der Auffassung, der Mensch besitze neben seinem Körper eine Seele, und diese Seele werde nach dem Tod des Menschen weiterleben. Zu den Prinzipien, die er verankerte, gehörte folgendes: Es kann nicht sein, dass der Schöpfer, der das Universum aus Liebe zum Menschen so wunderschön erschaffen und geschmückt hat, den Menschen nicht wieder zum Leben erwecken wird, nachdem Er ihn hat sterben lassen. Heraklit wiederum machte geltend: Am letzten Tage werden Sterne auf die Erde fallen und sie mit einem Feuerkreis umschließen. Böse Seelen müssen zur Strafe in jenem Feuer bleiben, während die lauteren Seelen dem Feuer entgehen und zu höheren Orten aufsteigen werden.

Mit Ausnahme einiger Materialisten wie Epikur und Demokrit glaubten die Philosophen der Antike im Westen wie auch im Osten an ein Leben nach dem Tode. Was die Rationalisten unter den westlichen Philosophen betrifft, die nach Ende des Mittelalters einer intellektuellen Aufklärung den Boden bereiteten, so waren auch die meisten von ihnen von der Wiederauferstehung und einem Leben nach dem Tode überzeugt. Descartes z.B. argumentierte sehr plausibel zu Gunsten der Unsterblichkeit der menschlichen Seele und widmete sich Fragen, die mit einem Leben nach dem Tode verbunden sind.

Auch Leibniz und Spinoza glaubten an eine Fortsetzung des Lebens. Leibniz ähnelte Plato insofern, als dass er dessen Idee der ‚Monaden' aufgriff (wonach die Monaden die immateriellen Komponenten der Lebewesen sind). Er behauptete, dass sich diese Monaden bis in alle Ewigkeit weiter entwickeln. Da eine solche Entwicklung in dieser Welt jedoch nicht möglich sei, weil die Zeit in ihr begrenzt ist, müsse es eine ewige Welt geben, in der die Monaden ihre unendliche Entwicklung realisieren könnten. Spinoza war ein Pantheist. Er glaubte an ein ewiges kollektives Leben der Geschöpfe.

Neben den bereits erwähnten Philosophen glaubten auch Pascal und Bergson an ein Leben nach dem Tode.

In der muslimischen Welt waren fast alle Philosophen vom ewigen Leben überzeugt. Zu den wenigen Skeptikern gehörte Abu-l-A'la al-Ma'arri, der ungläubig war. Dennoch unternahm er in seinem Werk Risalat al-Ghufran den Versuch, den Tag der Wiederauferstehung den Koranversen entsprechend zu beschreiben. Wahrscheinlich hat Dante seine Beschreibungen des Paradieses, der Hölle und des Fegefeuers den Schriften Ma'arris entlehnt.

Um es abschließend noch einmal zusammenzufassen: Mit Ausnahme einiger weniger Materialisten legt die lange Geschichte der Philosophie im Westen wie auch im Osten Zeugnis vom Glauben an die Wiederauferstehung und an ein Leben nach dem Tode ab.


[1] Bukhari, Adab, 18; Muslim, Tauba, 22

[2] Bukhari, Tawhid, 35; Muslim, Dschanna, 2.3.4.5; At-Tirmidhi, Dschanna, 5

[3] Abu Dawud, Adahi, 22; At-Tirmidhi, Said, 16-17

[4] Weil diese Welt eine Arena der Prüfung für den Menschen ist, herrscht in ihr die Weisheit Gottes. Gott agiert hinter dem Schleier der Kausalität und der sogenannten ‚Naturgesetze'. Die Zyklen von Licht und Dunkelheit, Frühling und Winter, Tag und Nacht und andere sind somit wichtige Kennzeichen des irdischen Lebens. Das nächste Leben ist jedoch ein reines Leben; das heißt, in ihm wird alles belebt sein, in ihm wird die Macht Gottes uneingeschränkt herrschen und in ihm wird Gott auf Schleier verzichten. Als wesentliche Merkmale jener Welt werden dann ständige Erneuerung und immer größer werdende Schönheit und Freude an die Stelle der Zyklen treten. [Anm. d. Übers.]

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