Das Konzept von Wissenschaft und Technik

Trotz aller Katastrophen, die Wissenschaft und Technik über die Menschheit gebracht haben, trotz ihrer Fehler auf der Suche nach der Wahrheit und trotz ihres Versagens beim Versuch den Menschen glücklich zu machen, dürfen wir sie nicht grundsätzlich verdammen und einen rein idealistischen Standpunkt einnehmen. Wissenschaft und Technik sind nicht allein daran schuld, dass die Menschheit an Wert verloren hat, dass die menschlichen Gefühle sich zurück entwickelt haben und dass bestimmte Tugenden, aber auch die Gesundheit und die Fähigkeit zu denken gelitten haben. Der Fehler liegt eher bei den Wissenschaftlern, die ihre Verantwortlichkeit zurückweisen, und bei jenen Wissenschaften, die sich in einer materialistischen und rein wissenschaftlichen Atmosphäre entwickelt haben und so von einer unverantwortlichen Minderheit ausgebeutet wurden. Viele Probleme wären wahrscheinlich gar nicht erst aufgetreten, wenn die Wissenschaftler ein Bewusstsein für ihre soziale Verantwortung entwickelt und sich die Wissenschaften nicht - auf Grund der Versäumnisse des Christentums - als Gegenpol zur Religion positioniert hätten.

Einer unglaublichen Flut aus Energie und Vitalität gleichend fließt die natürliche Welt der Zukunft entgegen. Manchmal nimmt sie auch die Gestalt eines schönen Gartens an. Sie ist wie ein Buch, das dem Menschen zum Studium gegeben wurde, wie eine Ausstellung, die wir betrachten können, wie ein Pfand, das uns anvertraut wurde und von dem wir profitieren dürfen. Wir Menschen stehen in der Pflicht, Bedeutung und Inhalt dieses Pfand zu studieren und es so zu verwenden, dass nicht nur wir und unsere Mitmenschen, sondern auch Menschen zukünftiger Generationen ihren Nutzen daraus ziehen können. Diese Beziehung zwischen dem Menschen und seiner Umwelt können wir, wenn wir so wollen, Wissenschaft nennen.

Andere Definition von Wissenschaft lauten: Wissenschaft ist der Versuch zu verstehen, was Dinge und Vorgänge uns sagen wollen und was Gottes Gesetze des Universums uns enthüllen. Oder: Wissenschaft bedeutet, sich darum zu bemühen, die Absichten des Schöpfers zu begreifen.

Der Mensch, der erschaffen wurde um über alle Dinge zu herrschen, muss beobachten, lesen, wahrnehmen und erfassen, was um ihn herum geschieht. Danach sollte er nach einem Weg suchen, seinen Einfluss bei diesen Vorgängen geltend und sie sich untertan machen. In diesem Punkt gilt per Dekret des Schöpfers, dass sich alles dem Menschen fügen wird, solange dieser sich Gott fügt.

Es besteht kein Grund, sich vor der Wissenschaft zu fürchten. Die Gefahr liegt nicht innerhalb der Wissenschaft selbst und in der Gründung einer neuen Welt, die sich auf die Wissenschaft stützt, sondern in der Ignoranz und der Verantwortungslosigkeit der Wissenschaftler und derer, die die Wissenschaft für ihre egoistischen Interessen ausnutzen.

Wenn wahre Wissenschaft darin besteht, dass man seine Intelligenz auf die Ewigkeit richtet, ohne materiellen Gewinn zu erwarten, dass man unermüdlich seine Umwelt studiert, um die allem zu Grunde liegende absolute Wahrheit herauszufinden, und dass man den Methoden folgt, die gebraucht werden, um dieses Ziel durchzusetzen, kann sie nicht das vollbringen, was wir von ihr erwarten, solange sie diese grundlegenden Punkte vollkommen vernachlässigt. Auch wenn die Konflikte im Zeitalter der Renaissance zumeist als Konflikt zwischen Christentum und Wissenschaft dargestellt werden, waren sie doch eher Konflikte zwischen der Katholischen Kirche und Wissenschaftlern. Weder Kopernikus noch Galileo noch Bacon waren anti-religiös. Man kann sogar davon sprechen, dass ihre religiöse Verpflichtung sie dazu anspornte, die Wahrheit zu finden. Der Islam - das religiöse Denken, das seinen Ursprung in der Ewigkeit hat, die Liebe und der Eifer, die aus jenem Denken entspringen, begleitet vom Gefühl der Hilflosigkeit und Schwäche vor dem Ewigen Allmächtigen Schöpfer des Kosmos - ist das Geheimnis, das hinter dem großen, über 500 Jahre währenden wissenschaftlichen Vorsprung der islamischen Welt ab Ende des 12. Jahrhunderts steht.

Das Konzept einer Wissenschaft, die auf der Offenbarung Gottes basierte, wurde von den großartigen Persönlichkeiten jener Zeit, die ihr Augenmerk auf die Ewigkeit richteten und so ihre Umwelt aufmerksam studierten, um der Ewigkeit näher zu kommen, nahezu perfekt repräsentiert. Ihre Hingabe an die Offenbarung Gottes entzündete in den Seelen der Menschen ein Licht, das ein ganz neues Konzept der Wissenschaft hervorbrachte. Wäre dieses Konzept, das von allen Bevölkerungsschichten geschätzt und als Teil der Botschaft Gottes betrachtet wurde, nicht den entsetzlichen Invasionen der Mongolen und der erbarmungslosen Kreuzzüge zum Opfer gefallen, sähe die Welt heute ganz anders aus. Sie wäre aufgeklärter, ihr intellektuelles Leben reicher, ihre Technologien ganzheitlicher und ihre Wissenschaften viel versprechender. Das Konzept, das der Islam hervorbrachte, war eingebettet in die Hoffnung auf ewiges Leben. Es verfolgte das Ideal, dem Wohl der Menschheit zu dienen und die Dinge verantwortungsbewusst zu handhaben, um das Wohlgefallen Gottes zu erlangen.

Die Wahrheitsliebe ist es, die die Richtung wissenschaftlicher Studien vorgibt. Unter Wahrheitsliebe verstehen wir, unsere Umwelt ohne Interesse an materiellem und weltlichem Gewinn zu betrachten und sie als das zu erkennen, was sie wirklich ist. Wer mit Liebe ans Werk geht, kann die Ziele seiner Studien immer erreichen; wer jedoch von weltlichen Neigungen, materiellen Wünschen, ideologischen Vorurteilen und Fanatismus infiziert ist und keine Wahrheitsliebe aufbringen kann, wird seine Ziele verfehlen oder - schlimmer noch - die Anliegen der Wissenschaft ins Gegenteil wenden und diese zu einer tödlichen Waffe machen, die sich gegen das Potenzial der Menschlichkeit richtet. Wenn also Intellektuelle, Institutionen des Bildungswesens und Massenmedien die Aufgabe haben, dem Wohl der Menschheit zu dienen, dann sollten sie die wissenschaftlichen Studien aus der tödlich vergifteten Atmosphäre von materiellen Hoffnungen und ideologischem Fanatismus hinausführen und sie in den Dienst höherer menschlicher Werte stellen. Der erste Schritt dorthin besteht in der Befreiung der Köpfe von ideologischem Aberglauben und Fanatismus. Die Menschen müssen davor bewahrt werden, weltliche Gewinne und Vorteile als Lebenssinn zu betrachten. Nur so kann auch wahre Gedankenfreiheit erreicht werden, nur so kann eine ‚gute Wissenschaft' ins Leben gerufen werden. Die Wissenschaftler selbst sollten alles daran setzen, nicht ins Fadenkreuz berechtigter Anschuldigungen zu geraten, waren sie es doch, die über Jahrhunderte hinweg den Krieg gegen den Klerus und gegen im Namen der Religion entworfene korrupte Konzepte geführt haben und die religiöse Menschen als rückschrittlich, engstirnig und fanatisch verurteilt gemacht haben.

Es existiert kein Unterschied zwischen intellektuellem und wissenschaftlichem Despotismus, deren Triebkräfte Gewinn- oder Machtstreben oder ideologischer und ‚wissenschaftlicher' Fanatismus sind, und restriktiver Vernunft, die sich aus korrupten und verzerrten religiösen Konzepten und der Herrschaft eines Klerus ableitet. Der Islam drängt - wie zahlreichen Versen des Koran entnommen werden kann - auf das Studium der Natur, die als eine Ausstellung der Werke Gottes betrachtet wird. Der Islam besteht auf einer Reflexion über die Schöpfung und das Erschaffene; dabei soll verantwortungsvoll vorgegangen und kein Unheil in der Welt angerichtet werden. Wer sich dem Koran vorbehaltlos ohne vorgefasste Meinung nähert und ihn studiert, wird in den Genuss seiner Wahrheiten kommen; er wird erkennen, dass der Koran die Liebe zur Wissenschaft, Menschlichkeit, Gerechtigkeit und Ordnung fördert. Mit dem Koran als Grundlage hat der Islam Wissen und die Nachfrage nach Wissen begründet. Mit ihnen bezweckt er, die Bedeutung der Schöpfung zu entdecken, um dem Schöpfer näher zu kommen und dem Wohl der ganzen Menschheit und der ganzen Schöpfung zu dienen. Das so entstandene und immer neu entstehende Wissen kombiniert der Islam mit dem Glauben, mit Liebe und Uneigennützigkeit. Dies beschreibt nicht nur der Koran, sondern wir erfahren es auch durch das beispielhafte Leben des Propheten und durch das vorbildliche Verhalten vieler Menschen, die den Islam mit ihren Gedanken und Taten repräsentieren.

Aus all diesen Gründen besteht überhaupt kein Grund, sich vor der Wissenschaft zu fürchten. Dass einige schlecht geplante, auf Wissen basierende Schritte gelegentlich schlechte Resultate erbringen, ist klar; klar ist aber auch, dass Unwissenheit und Unordnung immer schlechte Resultate erbringen. Anstatt sich über Wissenschaft und Technik zu beschweren, sollte man diese daher lieber so nutzen, dass sie dem Menschen nützen. In diesem simplen Satz liegt die Essenz des größten Problems der Menschheit. Es ist schlicht und einfach unmöglich, das Know-how zur Herstellung von Atom- oder Wasserstoffbomben aus den Köpfen aller Menschen zu verbannen.

In den Händen einer unverantwortlichen Minderheit kann sich die Wissenschaft unter Umständen als tödliche Waffe erweisen; trotzdem sollten wir sie mit all ihren Konsequenzen fördern, damit sie zum Aufbau einer Gesellschaft beiträgt, in der der Mensch sein Glück in dieser und in der kommenden Welt verwirklichen kann. Es wäre sinnlos, Maschinen und Fabriken zu verfluchen, denn die Maschinen werden auch weiterhin laufen und die Fabriken weiterhin in Betrieb sein. Auch Wissenschaft und Technik werden dem Menschen solange Schaden zufügen, bis Menschen, die der Wahrheit und dem Glauben verpflichtet sind, die Dinge in den Griff bekommen.

Noch erlitt die Menschheit durch die Waffe eines Engels irgendeinen Schaden. Alles, was sie je erleiden musste, ging von Menschen aus, die glaubten, Macht sei gleichbedeutend mit Recht. Diese Situation wird sich auch in Zukunft erst dann verändern, wenn der Mensch eine Welt hervorbringt, in der Glaube und Wissenschaft gleichberechtigt kooperieren.

Enthält der Koran Hinweise auf wissenschaftliche Errungenschaften?

Bevor wir diese Frage beantworten, sollten wir Folgendes betonen: Wie falsch es auch sein mag, Religion und Wissenschaft als einander entgegengesetzt zu betrachten und die wissenschaftliche Forschung für unabhängig und getrennt vom Koran zu halten, ist es doch genauso abwegig, den Koran als rein wissenschaftliches Buch zu bezeichnen und jede neue wissenschaftliche Theorie als mit diesem Buch kompatibel zu bezeichnen.

Einige Muslime vor allem in der Türkei haben jüngst die Dabbat al-Ard, die Kriechtiere der Erde, von denen in Sure 27:82 des Koran die Rede ist, als das Virus identifiziert, das die tödliche Immunschwäche AIDS verursacht. Diese Diagnose kommt jedoch ein wenig verfrüht: Zunächst einmal schweigt sich der Koran über die Beschaffenheit der Dabbat aus. Wenn wir aber davon ausgehen, dass mitden Dabbat wirklich das AIDS-Virus gemeint ist, dann könnten wir genauso gut die Bakterien oder Viren, die tödliche Krankheiten wie z.B. die Syphilis hervorrufen, als Dabbat akzeptieren. Außerdem wissen wir nicht, ob nicht in Zukunft neue durch Viren ausgelöste, vielleicht noch tödlichere Krankheiten als AIDS auf den Plan treten werden. Der Kontext, in dem die Dabbat al-Ard im Koran erwähnt werden, legt nahe, dass diese ‚Kriechtiere' erst dann auftauchen werden, wenn die Welt kurz vor ihrer endgültige Zerstörung steht und kaum noch jemand an Gott glaubt. Wir sollten also nicht überhastet nach Übereinstimmungen zwischen Koranversen und neuen Entdeckungen im Bereich Wissenschaft und Technik suchen.

Wissenschaftliche Theorien ähneln oft Kleidungsstücken, die, nachdem sie eine Zeit lang getragen wurden, abgetragen sind und ausrangiert werden. Jedes wissenschaftliche Faktum daraufhin abzuklopfen, ob es vom Koran vorausgesagt wurde, deutet auf einen Minderwertigkeitskomplex hin und heißt, der Wissenschaft eine größere Priorität einzuräumen als dem Koran. Jeder Vers und jeder Ausdruck im Koran steht in einem universellen Kontext und spricht - für alle Zeiten gültig - jede Lernebene der Menschheit an: Jede Interpretation, die in der Geschichte der Menschheit getätigt wurde, zeigt nur einen einzigen Aspekt jenes universellen Kontexts. Jeder, der sich um eine Deutung des Koran bemüht, jeder Wissenschaftler und jeder Gnostiker, der sich auf seine spirituellen Erkenntnisse oder auf Intuition, auf Beweise, die er erhält, oder auf seine natürliche Begabung beruft, bevorzugt einen anderen Aspekt. Daneben akzeptieren wir die Physik Newtons und die Physik Einsteins als wissenschaftlich und damit als wahr.

Obwohl beide falsch sein könnten, befindet sich in beiden mit Sicherheit ein Stückchen Wahrheit. Die Ursächlichkeit ist ein Schleier, den Gott, der Allmächtige, über den schnellen Fluss des Seins geworfen hat, damit wir unser Leben bis zu einem gewissen Maße planen können. Daher sind sowohl die Physik Newtons als auch die Physik Einsteins als ‚relativ' wahr einzustufen. Während wir also über die Verse des Koran nachdenken, sollten wir die relativen Wahrheiten in der Schöpfung und in unserem Leben berücksichtigen. Diese sind nämlich viel zahlreicher als die absoluten Wahrheiten.

Die im Koran verwandten Ausdrücke haben unterschiedliche Bedeutungen. Ein gutes Beispiel hierfür bieten folgende Verse:

Er hat den beiden Gewässern, die einander begegnen, freien Lauf gelassen. Zwischen ihnen steht eine Scheidewand, sodass sie nicht ineinander übergreifen. (55:19-20)

Hier findet sich ein Hinweis auf alle Paare von ‚Gewässern' oder Sphären - spirituelle und materielle, symbolische und wirkliche, von den Sphären der Herrschaft und der Dienerschaft bis zu den Sphären der Notwendigkeit und der Zufälligkeit, von dieser Welt bis zum Jenseits. Darin enthalten sind die sichtbare körperliche Welt und die Welt des Unsichtbaren, der Pazifik und der Atlantik, das Mittelmeer und das Rote Meer, Salzwasser und Süßwasser in den Meeren und unter der Erde, große Süßwasserflüsse wie Euphrat und Tigris und die salzigen Meere, in die sie münden. All diese und andere, die ich hier nicht alle aufzählen kann, stehen entweder im wörtlichen oder im bildlichen Sinne im Kontext des oben erwähnten Koranverses. Selbst wenn wir also der Auffassung sind, dass ein Vers oder ein Ausdruck des Koran eindeutig auf eine bewiesene wissenschaftliche Tatsache hinweist, sollten wir deren Bedeutung nicht auf jene Tatsache beschränken, sondern alle möglichen Bedeutungen und Interpretationsmöglichkeiten in Betracht ziehen.

Wie dem auch sei, dies heißt natürlich nicht, dass der Koran überhaupt nicht auf wissenschaftliche Fortschritte und Fakten verweist. Da der Koran die Offenbarung Gottes ist, die alles - ob zu Wasser oder zu Land (6:59) - beinhaltet, wird er auch wissenschaftliche Fortschritte und Fakten ganz bestimmt nicht ausklammern. Der Koran wird mit Sicherheit direkt oder indirekt auf solche Entwicklungen hindeuten, allerdings nicht so, wie es die Wissenschaft und die materialistische oder die naturalistische Philosophie tun. Er ist kein wissenschaftliches Buch, das in aller Ausführlichkeit von kosmologischen oder wissenschaftlichen Dingen spricht. Er stellt die ewige Interpretation des Buches des Universums dar. Er ist ein Deuter der Wissenschaften, der sich mit den Erscheinungen der Schöpfung beschäftigt. Er kommentiert die sichtbaren und die unsichtbaren Welten und enthüllt uns die Schätze der Namen Gottes in den Himmeln und auf der Erde. Der Koran ist der Schlüssel, mit dem sich versteckte Wirklichkeiten hinter den Vorgängen, die sich in der Umwelt und im Leben des Menschen abspielen, erschließen lassen. Er ist die Zunge der verborgenen Welt, die in der manifesten Welt spricht. Er ist die Sonne, die am spirituellen und intellektuellen Himmel des Islam scheint. Er ist die heilige Landkarte der kommenden Welt. Er erklärt uns die Eigenschaften, Namen und Handlungen Gottes und erzieht uns, indem er uns zur Wahrheit und zur Rechtschaffenheit führt. Der Koran ist ein Buch der Gerechtigkeit und der Weisheit, ein Buch der Gebote und der Verbote Gottes, ein Buch, das alles enthält, was der Mensch benötigt, um seine spirituellen und intellektuellen Bedürfnisse zu befriedigen. In der ganzen Welt der Theologie, der Sozialwissenschaften, der Politik und auch der Naturwissenschaft existiert kein Problem, mit dem der Koran sich nicht kurz oder im Detail, direkt oder andeutungsweise beschäftigt.

Der Koran betrachtet die Schöpfung nicht aus einem Selbstzweck heraus, sondern im Auftrag seines Schöpfers. Die Wissenschaft dagegen wendet sich vor allem an diejenigen, die Spezialisten auf dem jeweiligen Gebiet sind, ganz davon abgesehen, dass sie die Schöpfung nur für ihre eigenen Zwecke vereinnahmt. Der Koran wendet sich an die ganze Menschheit und benutzt deshalb die Schöpfung als Beweis, um die Menschheit zu leiten. Da die gewöhnlichen Menschen auf der Welt in der Mehrzahl sind, sollten Beweise manifest und gut erkennbar sein, damit sie auch für einfache Menschen leicht verständlich sind. Eine Orientierung für solche Menschen verlangt, dass unwichtigere Dinge nur kurz angesprochen werden und wichtige Punkte in Form von Parabeln und Vergleichen erläutert werden. Um die Menschen nicht zu verwirren, sollten Dinge, die ganz offensichtlich niemandem nutzen oder schaden, so belassen werden, wie sie sind.

Wie für alle anderen Dinge in der Schöpfung auch, liegen die Quellen der Wissenschaften in einem der ausgezeichneten Namen Gottes, des Allmächtigen. Der Name ‚der Heilende' erhellt die Medizin; Geometrie und Technik basieren auf den Namen ‚der Gerechte', ‚der Gestaltende' und ‚der Versöhnende'; die Philosophie spiegelt den Namen ‚der Weise' wider usw.. Wie bereits erwähnt wurde, hat der Schöpfer in Seinem Buch über alles, was Er dem Menschen zu lernen erlaubt hat, Auskunft erteilt. Mit dem Heiligen Koran hat Gott dem Menschen ein Werkzeug für spirituellen und materiellen Fortschritt in die Hand gegeben. Weil es zu den Hauptanliegen des Koran gehört, Gott dem Menschen vorzustellen und bekannt zu machen, den Weg zu Glauben und Verehrung zu ebnen, das individuelle und soziale Leben der Menschen zu organisieren und ihnen so vollkommenes Glück in dieser und der kommenden Welt zu bescheren, finden die wissenschaftlichen Fakten in dem Buch genau wie alle anderen Dinge und Vorgänge Erwähnung entsprechend ihrer Bedeutung. Mit anderen Worten: Je wichtiger etwas für den Menschen ist, desto ausführlicher wird es besprochen. Den Säulen des Glaubens, den Fundamenten der Religion, den Grundlagen des menschlichen Lebens und den Geboten zur Anbetung Gottes wird viel Platz eingeräumt, andere unwichtigere Dinge werden dagegen nur am Rande erwähnt. Die Bedeutung eines Koranverses lässt sich mit einer Rosenknospe vergleichen: Sie liegt unter übereinander liegenden Schichten von Blättern verborgen. Mit jeder Schicht, die abfällt, enthüllt sich uns eine neue Bedeutung. Jeder Mensch erkennt je nach seinen Fähigkeiten eine oder mehrere dieser Bedeutungen und ist mit dem, was er erhält, zufrieden.

Beispiele für Hinweise des Koran auf wissenschaftliche Fakten und Entwicklungen

Der Koran verweist auf technologische Fortschritte und markiert das Ende der Entwicklung, indem er die Wunder der Propheten auflistet. Daneben hält er jedoch auch noch viele weitere Methoden bereit, um bestimmte Dinge anzusprechen. Er ermutigt den Menschen zu fliegen und spielt implizit auf den Umstand an, dass der Mensch irgendwann in der Lage sein wird, Flugzeuge und Raumschiffe zu bauen:

Und Salomo (machten Wir) den Wind (dienstbar); sein Herweg dauerte einen Monat, und sein Hinweg dauerte einen Monat. (34:12)

Er lädt den Menschen außerdem dazu ein, ein Heilmittel für alle existierenden Krankheiten zu finden:

...und ich heile den Blindgeborenen und den Aussätzigen und mache die Toten mit Allahs Erlaubnis lebendig. (3:49)

Er gibt uns die Hoffnung, dass wir, die Menschen, eines Tages alle Krankheiten besiegen können und lässt uns glauben, dass wir nicht mehr länger dem Tod ausgeliefert sind. Mit dem Vers

Da sprach einer, der Kenntnis von der Schrift besaß: „Ich bringe ihn (den Thron der Königin des Jemens) dir (Salomo in Jerusalem) innerhalb eines Augenzwinkerns von dir" (27:40)

nimmt der Koran vorweg, dass Bilder oder sogar Körper in der Zukunft durch das Wissen des Heiligen Buches des Universums innerhalb eines Augenblicks von einem Ort zum anderen geschickt werden können. Auch wird ein Mensch, der das Wissen des Buches der Offenbarung Gottes besitzt, in extrem kurzer Zeit Dinge aus einer großen Entfernung herbeischaffen können. Weiterhin informiert uns der Koran mit Hilfe von Symbolen darüber, dass es möglich sein wird, einen Mörder anhand einer Zellprobe, die dem von ihm Getöteten entnommen wird, zu überführen, indem er uns berichtet, dass der Mörder einer Person zu Zeiten des Propheten Moses mit einem Körperteil einer Kuh, die das Volk Israel auf Befehl Gottes schlachten musste, geschlagen und so entlarvt wurde. (2:67-73)

Und es lassen sich durchaus zahlreiche weitere Beispiele für Hinweise des Koran auf wissenschaftliche Fakten und Entwicklungen finden:

Der Schöpfer, der vom Beginn bis über das Ende der Zeit hinaus alles sieht und alles weiß, macht uns darauf aufmerksam, dass die Zukunft im allgemeinen Sinne dem Wissen und der Information gehören wird. Als natürliche Konsequenz daraus ergibt sich, dass auch ein Zeitalter des Glaubens anbrechen wird.

Wir werden sie Unsere Zeichen überall auf Erden und an ihnen selbst sehen lassen, damit ihnen deutlich wird, dass es die Wahrheit ist. Genügt es denn nicht, dass dein Herr Zeuge aller Dinge ist? (41:53)

Seit der Frühzeit des Islam haben die Sufis die Botschaft dieses Verses akzeptiert und sie als ein Zeichen und eine Bestätigung der spirituellen Weisheit, für die sie kämpften, rezitiert. Liest man den Vers aber, während man sich gleichzeitig den wissenschaftlichen Fortschritt seit der Offenbarung des Koran vor Augen hält, wird man das bloße Vorhandensein dieses Verses als ein Wunder empfinden. Dabei sollte man auch nicht vergessen, dass der Prozess der wissenschaftlichen Entwicklung von muslimischen Gelehrten und Wissenschaftlern initiiert und vorangetrieben wurde.

Alles, was innerhalb des Bereiches menschlichen Denkens und menschlicher Forschung liegt, muss zwangsläufig die Existenz und die Einheit des Schöpfers umso mehr bestätigen, je weiter die wahre Beschaffenheit und die Beziehungen des Mikro- und des Makrokosmos untereinander erforscht und je besser diese Dinge verstanden werden. Schauen wir uns die unzähligen Bücher zu diesem Thema an, kommen wir zu dem Schluss, dass das, was Gott uns offenbart hat, so gut wie als wahr bewiesen wurde. Auch heute schon fühlen wir, dass wir in Kürze Stimmen vernehmen und verstehen werden, die Gott, den Allmächtigen, den Einzigartigen Schöpfer und Lenker des Universums, mit Tausenden von Zungen preisen werden:

Die sieben Himmel und die Erde und alle darin lobpreisen Ihn; und es gibt nichts, was Seine Herrlichkeit nicht preist; ihr aber versteht deren Lobpreisung nicht. Wahrlich, Er ist nachsichtig, verzeihend. (17:44)

Schon das, was wir heute von der Bedeutung dieses Verses verstehen, ist nicht zu leugnen. Die kleinsten Atome sprechen genauso zu uns wie die Nebel im Weltraum in der Sprache ihres Seins von der Unterwerfung unter den Einen Gott, den sie verehren. Die Zahl der Menschen, die in der Lage sind, diesen universellen Lobpreis Gottes zu hören und zu verstehen, ist jedoch noch gering.

Auch was der Koran uns über die Entstehung und die Entwicklungsphasen des Embryos im Uterus sagt, ist bemerkenswert:

O ihr Menschen, wenn ihr über die Auferstehung im Zweifel seid, so (bedenkt,) dass Wir euch aus Erde erschaffen haben, dann aus einem Samentropfen, dann aus einem Blutklumpen, dann aus einem Klumpen Fleisch, teils geformt und teils ungeformt, auf dass Wir es euch deutlich machen. (22:5)

In einem anderen Vers wird die Entwicklung noch ausführlicher beschrieben und die einzelnen Phasen werden noch deutlicher hervorgehoben:

Und wahrlich, Wir erschufen den Menschen aus einer Substanz aus Lehm. Alsdann setzten Wir ihn als Samentropfen an eine sichere Ruhestätte. Dann bildeten Wir den Tropfen zu einem Blutklumpen; dann bildeten Wir den Blutklumpen zu einem Fleischklumpen; dann bildeten Wir aus dem Fleischklumpen Knochen; dann bekleideten Wir die Knochen mit Fleisch; dann entwickelten Wir es zu einer anderen Schöpfung. (23:12-14)

l Was der Koran über die Milch und den Prozess der Gewinnung von Milch gesagt hat, ist genauso brillant und erstaunlich wie das Getränk selbst:

Wahrlich, auch am Vieh habt ihr eine Lehre. Wir geben euch von dem zu trinken, was in ihren Leibern (ist): Zwischen Kot und Blut (ist) in der Mitte Milch, die denen lauter (und) angenehm ist, die sie trinken. (16:66)

Der Koran beschreibt den Prozess in erstaunlicher Detailfreude: die teilweise Verdauung der aufgenommenen Nahrung, ihre Absorption; anschließend ein zweiter Prozess und ihre Veredelung in den Drüsen. Milch ist eine rundum positive Nahrung für den Menschen. Und doch scheidet ihr Lieferant sie als nutzlose Substanz aus.

Der Koran hat uns offenbart, dass alle Dinge in der Natur paarweise geschaffen werden:

Preis (sei) Ihm, der die Arten alle paarweise geschaffen hat, von dem, was die Erde sprießen lässt, und von ihnen selber und von dem, was sie nicht kennen. (36:36)

Alle Körper treten in Paaren auf. Jeder Körper hat sein Gegenstück, das ihm entweder entgegengesetzt ist oder ihn ergänzt. Das ergänzende Wesen der Geschlechter sowohl bei Mensch und Tier als auch bei bestimmten Pflanzen ist uns seit langem bekannt, was aber gilt für die Paare in allen Körpern, von dem‚ was sie nicht kennen? Dies könnte auf eine ganze Reihe von Einheiten - lebenden wie auch leblosen - verweisen. In den feinen Kräften und Prinzipien in der Natur gibt es viele Arten von lebenden und leblosen Paaren. Alle Körper von den Atomen bis zu den Wolken kommen, wie uns unsere modernsten Instrumente bestätigen können, paarweise vor.

Der Koran erzählt in seiner einzigartigen Ausdrucksweise von der Erschaffung der Welt und ihrer Lebensformen:

Haben die Ungläubigen nicht gesehen, dass die Himmel und die Erde eine Einheit waren, die Wir dann zerteilten? Und Wir machten aus dem Wasser alles Lebendige. Wollen sie denn nicht glauben? (21:30)

Die Schilderung im Koran ist unzweideutig und klar und sollte nicht mit den unterschiedlichen Hypothesen verwechselt werden, die sich um die Frage ranken, ob das erste in der Schöpfung vorkommende Material ein Äther, eine große Wolke, ein riesiger Nebel, eine Masse heißen Gases oder etwas anderes war. Der Koran hat außerdem erläutert, dass jedes lebende Wesen aus Wasser erschaffen wurde. Die Schrift beschäftigt sich aber nicht mit der Frage, ob diese einzige Quelle des Lebens ein Resultat von Gasen ist, die zunächst aus der Erde hochstiegen, später kondensierten, als Regen zu ihr zurückkehrten und Seen bildeten, die wiederum einen geeigneten Nährboden für die Bildung menschlichen Lebens darstellten, oder ob die Entstehung des Lebens auf andere Weise stattfand. Der Koranvers präsentiert uns das Universum ausdrücklich und unmissverständlich als ein Wunder der Schöpfung. Alles, was sich im Universum befindet, ist ein integraler Teil jenes Wunders und trägt Zeichen in sich, die dies überprüfen lassen. Alles ist miteinander verwoben wie die Blätter in massiven Bäumen, die unterschiedlich aber doch gleich sind und alle auf eine gemeinsame Wurzel zurückgehen. Der Vers betont natürlich auch die Vitalität und die Bedeutung des Wassers, das drei Viertel der Masse der meisten Lebewesen ausmacht.

Die Sonne besitzt in der Schöpfung einen bestimmten wichtigen Platz. Der Koran enthüllt den wichtigsten Aspekt dieser Tatsache in nur vier Worten der arabischen Sprache, deren volle Bedeutung nicht so einfach wiederzugeben ist:

Und die Sonne eilt dem ihr gesetzten Ziel zu. Das ist die Anordnung des Erhabenen, des Allwissenden. (36:38)

Das arabische Wort mustaqarr könnte hier eine feststehende Bahn im Weltraum bezeichnen, genauso wäre aber auch denkbar, es mit ‚fester Ruheplatz' oder ‚Wohnort' oder ‚bestimmte Zeitroute' zu übersetzen. Wir lernen mit diesem Vers nicht nur, dass sich die Sonne auf einer bestimmten Bahn bewegt, sondern auch, dass sie einen bestimmten Punkt im Universum anstrebt. Das Sonnensystem (die Sonne und die von ihr abhängigen Planeten und Satelliten) wie wir es kennen, bewegt sich mit atemberaubender Geschwindigkeit auf das Sternbild Lyra zu. Mit jeder Sekunde nähern wir uns jenem Sternbild mit ca. 10 Meilen pro Sekunde, d.h. mit ca. einer Million Meilen pro Tag.97 Wir erfahren auch, dass sich die Sonne, wenn sie erst einmal ihren Bestimmungsort erreicht hat, dort festsetzen und zur Ruhe kommen wird.

Der Reichtum des Koran ist so groß, dass mit nur wenigen Worten unendlich viele Wahrheiten verkündet werden. Hier werden mit nur vier Worten viele Dinge erläutert, die uns bislang nur vage bekannt sind. Dies alles offenbarte uns der Koran vor 14 Jahrhunderten, zu einer Zeit also, als die Menschen noch glaubten, die Sonne kreise täglich einmal um die Erde.

Eine andere inspirierende und ausdrucksstarke Äußerung im Koran betrifft die Ausdehnung oder Expansion des Universums im Raum. Auch hier benutzt das arabische Original des Koran vier Worte:

Und den Himmel haben Wir mit (Unserer) Kraft erbaut; und siehe, wie Wir ihn reichlich geweitet haben. (51:47-48)

Dieser Vers enthüllt uns, dass die Distanz (der Raum) zwischen den Himmelskörpern größer wird, dass sich das Universum ausdehnt. 1922 behauptete der Astronom Hubble, dass sich alle Galaxien außer den fünf der Erde am nächsten liegenden mit einer Geschwindigkeit, die direkt proportional zu ihrer Distanz zur Erde ist, in den Raum hinein bewegen. Hubble zufolge wandert eine Galaxie in einer Entfernung von einer Million Lichtjahren mit einer Geschwindigkeit von 168 km/Jahr, eine zwei Millionen Lichtjahre entfernte Galaxie mit der doppelten Geschwindigkeit usw.. Le Maitre, ein belgischer Mathematiker und Priester verfocht und entwickelte später die These, dass sich das Universum ausdehnt. Wie auch immer die Menschen diese Wirklichkeit ausdrücken mögen, ob durch den Koeffizienten Hubbles oder (in der Zukunft) durch ein andere Theorie, die Offenbarung ist unmissverständlich klar, da sie die Wirklichkeit selbst berücksichtigt.

Wir bekommen im Koran einige Hinweise auf die unsichtbare Arbeitsweise der - wie wir sie nennen - Gesetze der Physik: Anziehung und Abstoßung, Umdrehung und Umwälzung:

Allah ist es, der die Himmel, die ihr sehen könnt, ohne Stützpfeiler emporgehoben hat. (13:2)

Die Himmelskörper von den individuellen Satelliten bis hin zu vollständigen Sonnensystemen bewegen sich in Gleichmäßigkeit und Harmonie. In dieser Anordnung gehalten und unterstützt werden sie durch Säulen, die wir Menschen aber nicht sehen können. Einige dieser Säulen sind Abstoßung und Zentrifugalkraft:

Und Er hält den Himmel zurück, damit er nicht auf die Erde fällt, es sei denn mit Seiner Erlaubnis. (22:65)

Diesem Vers können wir entnehmen, dass die Himmelskörper jederzeit über der Erde zusammenbrechen könnten, wenn der Allmächtige das nicht verhindern würde. Außerdem finden wir hier ein gutes Beispiel für den Gehorsam, den das Universum Gottes Worten erweist. Genau dieser Gehorsam wird in der modernen Wissenschaft als Balance zwischen zentripetalen und zentrifugalen Kräften bezeichnet. Wichtiger als die Frage, ob wir nun der Theorie Einsteins oder Newtons zur Erklärung dieses Gehorsams Glauben schenken, ist aber, dass wir unsere Aufmerksamkeit auf den Gehorsam und auf die Gnade Gottes selbst richten, durch die das Universum in seiner verlässlichen Bewegung gehalten wird.

l Im Koran gibt es einen Vers, den einige Kommentatoren als eine Referenz an die Raumfahrt zum Mond bezeichnet haben. Zur Zeit der Offenbarung des Koran lag diese Option noch in sehr weiter Ferne. Erst vor vergleichsweise kurzer Zeit gewann sie an Aktualität.

...und bei dem Mond, wenn er voll wird, dass ihr sicherlich von einem Zustand (der Not) in den anderen versetzt werdet. (84:18-19)

Frühere Kommentatoren verstanden diesen Vers noch ganz anders. Sie deuteten ihn als Bild, welches auf das spirituelle Leben des Menschen verweist, und als Aufstieg von einer Stufe zur nächst höheren, von einem Himmel zum nächsten. Andere interpretierten den Vers ganz allgemein als Hinweis auf den Wechsel von einer Stufe auf eine andere. Im Laufe der Zeit suchten spätere Koraninterpreten den Sinn in weitschweifigen Umschreibungen, denn die wörtliche Bedeutung des Verses stimmte nicht mit ihren gesicherten Erfahrungen bezüglich der Überwindung von Distanzen so großen Ausmaßes überein. Je näher man jedoch dem direkten Wortsinn dieses Eides („Ich schwöre bei dem Mond!") folgt, desto näher kommt man - ob wörtlich oder bildlich - der Reise zum Mond.

Die Stellen im Koran zur geographischen Gestalt der Erde und zur Veränderung dieser Gestalt sind besonders interessant:

Sehen sie denn nicht, dass Wir über das Land kommen und es an seinen Enden schmälern? Können sie denn siegen? (21:44)

Der Hinweis auf das Schrumpfen ihrer Grenzen könnte sich auf die heute bekannte Tatsache beziehen, dass die Erde an den Polen zusammengepresst ist, und nicht auf die Erosion der Berge durch Wind und Regen oder auf die Meeresküsten oder auf die Beeinträchtigung der vom Menschen kultivierten Ländereien durch die Wüste.

In einer Zeit, in der die Menschen glaubten, die Erde sei flach und unveränderlich, teilte uns der Koran gleich in mehreren Versen klar und deutlich oder durch versteckte Hinweise mit, dass sie in Wirklichkeit rund ist. Unerwarteter als diese Aussage kommt für uns heute aber die These, die Erde gleiche eher einem Straußenei als einer Kugel:

Und danach gab Er der Erde das Aussehen eines Eies. Aus ihr brachte Er ihr Wasser und ihr Weideland hervor. (79:30-32)

Das arabische Verb daha bedeutet ‚die Gestalt eines Eies verleihen', die daraus abgeleitete substantivische Form dahia wird auch heute noch zur Bezeichnung eines Eies gebraucht. Weil der wissenschaftliche Stand damals der wörtlichen Bedeutung des Verses zu widersprechen schien, haben einige Koraninterpreten diesen falsch gedeutet und das Wort als ‚ausbreiten' interpretiert.98 Als Grund dafür darf man geltend machen, dass in früheren Zeiten der wörtliche Sinn nicht akzeptabel erschien und die Koraninterpreten fürchteten, der Vers könne missverstanden werden. Natürlich haben moderne Instrumente in jüngster Zeit den Beweis erbracht, dass die Erde wirklich eher einem Ei ähnelt, weil es um die Pole herum eine leichte Abflachung und um den Äquator eine leichte Krümmung gibt.

l Schauen wir uns zuletzt noch einmal an, was der Koran über die Sonne und den Mond aussagt:

Und Wir machten die Nacht und den Tag zu zwei Zeichen, indem Wir das Zeichen der Nacht gelöscht haben, und das Zeichen des Tages haben Wir sichtbar gemacht. (17:12)

Ibn Abbas zufolge weist das Zeichen der Nacht auf den Mond, das Zeichen des Tages auf die Sonne hin. Den Worten Und Wir löschten das Zeichen der Nacht aus entnehmen wir, dass der Mond einst ebenso helles Licht wie die Sonne ausstrahlte, dass Gott ihm dann aber das Licht genommen und ihn dazu verurteilt hat, sein Licht zu verdunkeln. Während der Vers die Vergangenheit des Mondes wiedergibt, trifft er auch eine Vorhersage über das zukünftige Schicksal anderer Himmelskörper.

Im Koran stehen noch viele weitere Verse wie diese, die sich auf wissenschaftliche Fakten beziehen. Die Existenz dieser Verse gibt uns darüber Aufschluss, dass die Suche der Menschheit nach Erkenntnis ein Teil der Gnade ist, die uns der Schöpfer gewährt. ‚Gnade Gottes' ist einer der Namen, die sich der Koran selbst verleiht; alles, was er an Weisheit und Wissen beinhaltet, liegt jenseits dessen, was der Mensch zu lernen im Stande ist. Trotz allem dürfen wir nicht vergessen, dass der Koran zwar Hinweise auf viele wissenschaftliche Fakten enthält, aber dennoch nicht als ein Buch der Wissenschaft oder der wissenschaftlichen Erklärungen missverstanden werden darf. Er ist - und wurde auch in allen Epochen als solches verstanden - ein Buch der Orientierung, das der Menschheit den Weg zum richtigen Glauben und zum rechtmäßigen Handeln weist, damit wir uns der Gnade und Barmherzigkeit Gottes würdig zeigen können. In den Verantwortungsbereich der Muslime fällt es sicherzustellen, dass die Beschäftigung mit Wissen, Wissenschaft und ähnlichen Disziplinen im Licht des Koran erfolgt, der diese Disziplinen dann auch anerkennt und unterstützt, und nicht im Licht der Arroganz, der Überheblichkeit und der Wichtigtuerei. Denn Eigenschaften wie diese entwürdigen nicht nur den Menschen und seinen Geist, sondern auch die Erde, die wir doch nur mit der Genehmigung Gottes vorübergehend bewohnen und als Treuhandgut verwalten dürfen.

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