,Unsere Welt' und ihr edles Mysterium

Für unvoreingenommene Beobachter ist ‚unsere Welt‘ [die Rede ist von Anatolien] noch immer ein absolutes Faszinosum, auch wenn die Realität in mancher Hinsicht düster wirkt. Ich persönlich halte es nicht für übertrieben zu sagen, dass diese ‚Welt‘ mit ihren vier Jahreszeiten, Tag und Nacht, Klima und Lebensraum, Menschen und Kulturen und mit ihren materiellen und spirituellen Sphären für mich ebenso wertvoll ist wie das Universum als Ganzes.

Kein anderer Ort ist mit einem so verzaubernden Übergang vom Tag zur Nacht oder mit einem ähnlichen Mysterium gesegnet. Nirgends sonst sind die Jahreszeiten so mild und ist die Natur so lebendig und friedfertig wie in dieser Welt. Allerdings gibt es selbst in den großartigsten Erdregionen Zeiten, in denen kein Sonnenlicht mehr durchdringt, in denen die Sterne des Nachts in Dunkelheit ertrinken und die Tage finster und monoton verlaufen. Doch für Menschen, die bewusst wahrnehmen können, die sich in ihrem Leben nicht beirren lassen und dem Pfad von Herz und Geist folgen, verlieren die Dinge in unserer Welt nie ihren Reiz. Ganz im Gegenteil, jeder Frühling dort erfüllt uns mit neuem Leben, jeder Sommer steigt sanft an den Horizonten der Zärtlichkeit zu uns herab, jeder Herbst reißt uns aus unseren Gewohnheiten und erinnert uns an jene Auslöschung, der die Auferstehung folgt, und jeder Winter schließlich weckt unsere Liebe und Sehnsucht und inspiriert unseren Geist zu einer neuen Geburt. Das ermöglicht uns, in den Genuss dessen zu kommen, wonach unsere innere Natur so dürstet.

Das Auge unseres Herzens vermag zu erkennen, dass alle Ankünfte und Aufbrüche, alle Veränderungen und Transformationen, alle Diversifizierungen und Umgestaltungen in diesem Land Bedeutungen haben, die sich von denen anderer Orte unterscheiden. Das Leben hier stellt unvergängliche Anblicke zur Schau, die so überbordend wie ein Wasserfall sind und dahinfließen wie ein unbändiger tiefer Strom, der einen Bogen beschreibt, um zurück zu seiner Quelle zu gelangen. Da sein Flussbett verengt ist, fließt dieser Strom sehr schnell und räumt dabei viele schier unüberwindlich erscheinende Hindernisse aus dem Weg. Überschäumend bahnt er sich einen eigenen Weg und ist dabei so rein wie an dem Tag, als er aus der Quelle hervorsprudelte, vielleicht sogar noch reiner. Allerorten stiftet er jedem, der dafür empfänglich ist, Leben. Wie ein Liebender, der von seiner Geliebten getrennt war, strebt er der Wiedervereinigung entgegen, und mit der Wiedervereinigung stellt sich ewige Gelassenheit ein. Diese Farbe, diesen Ausdruck und diesen Akzent trägt das Leben in unserem Herzen, aber wer sich nicht in uns einfühlen kann, kann das nicht verstehen. Solche Menschen wissen die Wurzeln, die uns zu dem machen, was wir sind, nicht zu würdigen; sie können nicht nachempfinden, was wir fühlen oder denken, und sie verstehen auch unsere Ideale und Ziele nicht.

In der Tat ist es eine große Ehre und Freude, in diese Welt hinein geboren und dazu erzogen worden zu sein, ihren Geist und ihre Bedeutung, die tief in der Vergangenheit verwurzelt sind, zu erkennen. Doch ein Bewusstsein für dieses Privileg, diesen Gunstbeweis erwirbt man sich nur dadurch, dass man unser reiches Erbe, den Geist und die Bedeutung dieser Welt, gebührend schätzt und bewundert - ganz so, wie Madschnun Layla liebte. Liebe und Sehnsucht werden gemeinhin als eine Glut beschrieben, die durch den Anblick einer schönen Statur oder einer vornehmen Haltung und Ausstrahlung geschürt wird; diese Beschreibung ist zwar nicht falsch, aber unvollständig. Die stärkste Liebe erblüht nämlich ganz gewiss dort, wo sie mit einer Vervollkommnung der Seele sowie auch mit einer Schärfung des Feingefühls und der Wahrnehmung einhergeht. Unkultivierte und unempfindliche Seelen mögen bestimmte Neigungen haben, aber sie können niemals wirklich lieben. Menschen mit abgestumpften Sinnen können niemals treu sein, auch wenn sie ohne Unterlass von Liebe reden. Um etwas lieben zu können, muss man es gut kennen. Schönheit mag flüchtiges Interesse wecken, aber keine Verbindung hat Bestand, wenn man nicht mit den inneren Werten vertraut ist. Ein solches Interesse entflammt kurzfristig Leidenschaft, aber es entzündet sich kein Funke der Liebe daran.

Diejenigen, die Gott nicht kennen, waren noch nie dazu fähig, Ihn zu lieben, und sie können es auch gar nicht sein. Diejenigen, denen es an Wissen um unseren Propheten mangelt, werden ihm auch keinen Respekt bezeigen, und sie können es auch gar nicht. Diejenigen, die unser Land als ein bloßes geografisches Territorium betrachten, können unsere Liebe zur Heimat nicht nachempfinden, unmöglich. Jeder Grund und Boden ist so wertvoll wie seine Reichtümer über und unter der Erde. Und ganz ähnlich gründet jedes Land auf seinem einzigartigen Charakter und auf den Werten, die es aus der Vergangenheit ererbt hat. Nur wenn es diesen Werten verbunden bleibt, findet es auch Einlass in die Herzen der Menschen. Dann lieben sie es und werden vom Fieber der Sehnsucht nach ihm geschüttelt; erst dann nennen sie es ‚ihr Land‘.

Ohne Zweifel verspürt jeder Mensch ein starkes Gefühl der Zugehörigkeit zu seinem Geburtsort, zu dem Ort, dessen Luft er einst geatmet und dessen Wasser er getrunken hat, zu dem Ort, mit dem er bestens vertraut ist, auch wenn dieser Ort eine Wüste ist. Unsere Liebe und Sehnsucht nach ‚unserer Welt‘ muss aber nicht zwangsläufig darauf beruhen, dass sie unser Geburtsort ist. Mit unserer Heimat verbindet uns eine tiefere Verbindung und Faszination; wenn wir zu Hause sind, erscheint uns dieses Zuhause so warmherzig wie die Umarmung unserer Mutter, wenn wir in der Fremde sind, denken wir sehnsuchtsvoll an seine inneren Reichtümer, an seine einzigartigen Stile und Ausdrucksformen, an seine betörenden Weiten. Menschen, die diesen Blick nicht haben, die die verborgenen Vorzüge unserer Heimat nicht kennen (mit anderen Worten: all jene, die nicht aus der gleichen Quelle genährt und an der gleichen Brust gesäugt wurden), können unser Staunen nicht nachempfinden, sie werden nie dazu in der Lage sein.

Ungeachtet der Gefühle, die andere Menschen ‚unserer Welt‘ entgegenbringen, präsentiert uns dieses Land der Wunder Schönheiten aller Art, die es sonst nirgendwo gibt, selbst in den schönsten Regionen der Erde nicht. Wir fühlen uns geradezu überwältigt von dem Reichtum, den wir unser Eigen nennen dürfen, und verzaubert vom Anmut unserer Sprache. Zudem werden wir Zeuge unendlich vieler tieferer Dimensionen, die weit über die materiellen Schleier unserer simplen täglichen Verrichtungen hinausreichen. Je mehr Spuren, Zeichen und Hinweise uns umgeben, die uns auf diese Dimensionen aufmerksam machen, desto stärker verbindet uns dies mit der Gegenwart; es vermittelt uns ein besseres Gespür für unsere Erwartungen an die Zukunft, für unsere Lebensphilosophie und für unsere Verdienste in der Vergangenheit.

Wenn wir einem architektonischen Muster begegnen, das dem Geschmack und den Wahrnehmungen der Vergangenheit entsprechend gestaltet wurde, oder einer Dekoration, die unsere Vorstellung von Glauben und Denken, Empfindung und Ästhetik widerspiegelt, oder wenn wir Segel setzen, um in die geheimnisvolle Sphäre der Anbetungsstätten, Schulen, Rückzugsorte, Gasthäuser, Bäder und Karawansereien dieses Landes aufzubrechen, die allesamt von unserer großen Vergangenheit künden, fühlen wir uns umso intensiver mit dem Geist und der Bedeutung unserer Vergangenheit konfrontiert, je mehr wir unseren Horizont erweitern. Dann werden unsere positiven Erwartungen noch weit übertroffen, und unsere spirituellen Fähigkeiten und unsere Vorstellungskraft befreien sich von allen zeitgebundenen Betrachtungen. Wir erreichen eine Bewusstseinsebene, auf der sich Worte und Stimmen aus den Himmeln harmonisch mit ganz gewöhnlichen Geräuschen vermengen. Und wir finden uns inmitten einer fantastischen Welt wieder, die einerseits aus einer Mixtur aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft konstruiert zu sein scheint und Merkmale einer jeden der drei aufweist, sich anderseits aber in keinen Zeitrahmen pressen lässt. Anschließend nehmen wir die Umwandlung sämtlicher Objekte, Farben, Muster und Sprachen dieser Welt in etwas Neues wahr: Die Sonne, die unterzugehen schien, geht nun an unserem Himmel auf, der Mond und die Sterne ziehen über unsere Köpfe hinweg, als würden sie das Firmament durchwandern. Alles leuchtet, und eine Kaskade des Lächelns ergießt sich über uns. Plötzlich ist der Fluch der Finsternis, der jahrzehntelang über uns gelegen hat, gebrochen, und die Schatten werden einer nach dem anderen von den Hütern des Lichts besiegt. Der Frühling ruft, stellt all seine Schönheiten zur Schau. Brunnen, die für ausgetrocknet gehalten wurden, spenden wieder reichlich Wasser, Wolken neigen sich zum Boden, um ihn zu umarmen und Wiesen und Bäume zu grüßen. Der Regen in seiner Barmherzigkeit streift alles, was verdorrt war, und die Winde umfangen uns mit einem lieblichen Hauch, als feierten sie ein Fest. Sowohl die Tage des Lichts aus der Vergangenheit als auch jene Tage der Zukunft, auf die wir so sehnsüchtig warten, werden in die Gegenwart projiziert, was dazu führt, dass Berge, Felsen und Singvögel uns die schönsten Anblicke und Klänge schenken. Sie spielen eine faszinierende Musik, die ohne Text und Komposition auskommt; eine Melodie des Geistes und der Bedeutung, die mit keiner bestimmten Zeit verbunden ist, sondern die Essenz aller Zeiten bildet.

Jedes Mal, wenn ich voll des Glaubens und der Hoffnung an dieses gesegnete Land denke, sage ich mir: „Es ist ein magisches Land ohne Grenzen - transzendent, mit einer unverwechselbaren spirituellen Essenz und inneren Schönheit.“ Ich schätze mich glücklich, wenn ich hier sein darf; und wenn ich in der Fremde bin, weine ich vor Sehnsucht. Um mich zu trösten, eile ich dann zu den Pforten meiner Vorstellungskraft, um mir das Bild dieses Landes in Erinnerung zu rufen. Für mich ist es immer schöner gewesen als jeder andere Ort. Und seine Schönheiten sind nach wie vor einzigartig, selbst wenn auch sie von dem Dreck beschmutzt wurden, der die ganze Welt verdüstert hat. Seit jeher ist es ein Ort der Sehnsucht.

Das spirituelle Potenzial dieses Landes ist unangetastet geblieben, und kein Unrat hat seine innere Reinheit entehren können. Es gab Zeiten, da wucherten allerorten Groll, Hass und Grabenkämpfe. Die Demokratie war gelähmt, das freie Denken geknechtet. Glaube, Islam und Koran wichen vor den unbarmherzigen Attacken zurück. Die Winde des Herbstes zerstörten Gärten und Ernten und raubten den Blumen die Farbe. Die Rosen trugen Trauer und vergossen Tränen aus Blut. Junge Bäume knickten ein, gewaltige Zypressen brachen, Blätter wurden umher geblasen. Und doch ist diese ‚Welt‘ mit ihren verborgenen Schätzen, ihrem spirituellen Gefüge und der Kraft ihrer spirituellen Dynamik immer farbenfroh geblieben. Sie hat ihre Kinder stets mit einem sanften Lächeln beglückt und mit freudigen Überraschungen getröstet. Mit ihrer geheimnisvollen Hoffnung spendenden Essenz hat sie die schmerzhaften und heftigen Orkane der Realität abgeschwächt. Selbst unter den schlimmsten Bedingungen, hat sie die Hitze all derer, die bei ihr Zuflucht suchten, mit einem friedfertigen Bard as-Salam [wörtlich: Kühle des Friedens] gekühlt.1

Feindseligkeit, Groll, Zwietracht, Hass und weitere fremdländische Konzepte, die im Unglauben wurzelten, haben dieses Land zu durchdringen versucht, ohne jedoch jemals hier Fuß fassen zu können. Und auch Konflikte und Unstimmigkeiten haben ihre Ziele verfehlt. Groll und Hass wurden von Liebe und Nachsicht bezwungen, Neid und Besessenheit haben sich selbst verzehrt und verbraucht; und jene Unglückseligen, die Dinge verfochten haben, welche auf diesen Konzepten beruhten, haben es nie zu Ruhm und Ehre gebracht. Das Verdorbene und die Verdorbenen wurden abgewiesen und in alle Winde zerstreut; nur die wahren Menschen und die menschlichen Werte sind in diesem Land geblieben.

Und doch war zwischenzeitlich wohl jeder von uns angesichts mancher unerwarteter Ereignisse beunruhigt. Wir wünschen uns, sie wären nie passiert, und beklagen die herzlosen und sinnlosen Taten, die Bewohner dieses Landes begangen haben - eines Landes, das trotz seines reichen historischen Erbes in Herz und Geist nachgiebig ist. Zum Glück entspannte sich die Situation schon bald wieder, und mit ihr verschwanden auch die Sorgen. Als die Zeit gekommen war, nahm alles wieder seine frühere Gestalt an. Das Herz begann erneut zu schlagen, der Geist verschaffte sich wieder Gehör, Empfindsamkeit trat an die Stelle von Gefühllosigkeit, die Dinge kehrten zu ihrer ursprünglichen Essenz zurück. Lässt man den Nebel, der die Horizonte zeitweilig verdunkelt hat, einmal außer acht, so besitzt dieses Land Schätze der Freude, des Geschmacks und der Schönheit. Am Morgen atmen wir den Frühling, während des Tages genießen wir die bunten Landschaften des Sommers, und bei Sonnenuntergang erfüllt uns die angenehme Schwermut des Herbstes. Tage und Nächte und die Jahreszeiten, die einander widerstrebend weichen, sind so unverbraucht, so anmutig und zart, dass vertraute Herzen jeden Morgen aufstehen, als hätte man sie zur ‚Auferstehung‘ geladen. Sie erwachen mit dem Ruf zu Gebet und Lobpreis und wandern auf einer breiten Straße, die geradewegs in die Himmel führt.

Alles in dieser Welt, was sich unseren Sinnen darbietet, erscheint uns wie durch eine rosarote Brille betrachtet, wie durch einen geheimnisvollen Schleier, den wir nicht immer wahrnehmen können. Das spirituelle Gefüge dieser Welt, das niemals an Kraft verliert; die frommen Herzen der Menschen; die große Vielzahl von Menschen, die es schaffen, standfest zu bleiben und mit ihrem Tun einen unauslöschlichen Eindruck zu hinterlassen; deren Märkte, auf denen vornehme aus der Vergangenheit ererbte Eigenschaften feilgeboten werden, und ihre beeindruckenden Säulengänge und Brunnen; die beständige warme Ausstrahlung der heiligen Orte der Anbetung; der Lobgesang auf den Allmächtigen, dargebracht von den Gläubigen, die im Chor immerzu „Huwa! Huwa!“ (Er! Er) singen, und begleitet vom Gesang der Vögel, der bis in die Kuppeln, aber auch in unsere Herzen aufsteigt - diese und viele andere magische Szenerien lassen sich in ihrer ganzen Vollkommenheit so an keinem anderen Ort der Welt bestaunen. Wenn dennoch nicht alle Menschen dazu in der Lage sind, sie wahrzunehmen, dann ist diese Unfähigkeit vielleicht nicht unbedingt eine Prüfung oder Strafe Gottes, aber es besteht kein Zweifel daran, dass diese Blinden einen schweren Verlust erlitten haben. Wahrscheinlich sind diese Unglücklichen in einem schroffen Herbst zu kalten Winden ausgesetzt gewesen, oder sie sind von unerwartetem Hagel, Graupel oder Gewitter überrascht worden. Und darum sehen sie nur eine angesichts bestimmter Geschehnisse vorübergehend verzerrte Fratze dieses paradiesischen Ortes.

Freilich währen auch diese Dinge nicht ewig. Zwar mögen sie unseren Horizont für eine Weile verdunkeln, dann jedoch verschwinden sie wieder und überlassen diese Welt abermals all den strahlenden Schönheiten, die ja hier ihren angestammten Platz haben. Dann findet das Land mit seinem gottgegebenen Charme zu neuer Blüte, und eine friedliche spirituelle Erhöhung ist allerorten zu spüren. Der Nebel löst sich auf, und am Himmel bilden sich Wolken des Frühlings, weiß wie Baumwolle. Auch wenn es nicht regnet, waschen Tautropfen den Staub von den Blättern. Auf die Dämmerung folgt der Sonnenaufgang, und die hellen Tage, die wir in unserem Herzen feiern, glühen förmlich, während jeder Ort und jede Straße, jedes Dorf und jede Stadt eine spirituelle Erneuerung durchleben. Diese Welt verwandelt sich in einen Korridor zu jenem Ort, der jenseits von ihr liegt. Wir nehmen immer intensiver wahr, bis schließlich die Eleganz, die Barmherzigkeit und die Poesie, die dieser Sturm der Gefühle in uns entfacht, die Grenzen unserer Auffassungsgabe sprengen. Die Kluft zwischen unseren Wünschen und Träumen einerseits und der Realität andererseits schließt sich, und das Leben entwickelt sich so, wie wir es gern leben möchten. Unsere Horizonte des Denkens erstrahlen in den Farben der himmlischen Hügel. Unsere einst mutlosen Empfindungen, unser welkes und rissiges Herz und unser gebeugter Geist, der zuvor so blass wirkte wie eine fahle Blume, rappeln sich gemeinsam auf, als hätten sie die Posaune (Sur) gehört. Dann wechselt alles und jeder seine Position, und stößt Jubelschreie der Wiederbelebung aus.

Während sich einige ‚Heimatlose‘ sogar dann vor Sehnsucht verzehren, wenn sie sich in der Heimat befinden, habe ich mich stets bemüht, die Schönheiten meines Landes, die durch die Fenster meines Herzens hervorsprudeln, zu genießen. Meine Lesart dieses Landes hat sich schon immer von ihrer unterschieden. Selbst in unseren Tagen, wo die Hoffnung gegenüber den finstersten Gedanken an Boden verloren hat, vernehme ich in meinem Innern noch eine wunderbare Melodie, die die Mysterien der tiefsten Sphären meiner Seele und meines Glaubens besingt.

Ich versuche, meiner Seele Hoffnung und Glauben zu bewahren; und jedes Mal, wenn ich mir die süßen Erinnerungen unserer ruhmreichen Vergangenheit vor Augen rufe, richte ich meinen Blick auch auf die glanzvollen Tage der Zukunft, auf Tage, an deren Kommen ich keinerlei Zweifel hege. Ich bemühe mich, die bezaubernden Farben, die hellen Lichter gleichzeitig von beiden Flügeln der Zeit zu erspüren. Obwohl mich die Gegenwart fest im Griff hält, spüre ich, dass ich über ein Feld streife, das weiter ist als andere Felder. All das, was heute unerfreulich ist, stelle ich den Interpretationen der Zukunft und den Betrachtungen jener aufgeklärten Generationen anheim, die unsere Hoffnungsträger sind. Währenddessen pendle ich zwischen Licht und Schatten, atme die Brisen meines Glaubens, meiner Hoffnung und meines guten Willens. Eine zukünftige Epoche der Glückseligkeit liebkost bereits meine Empfindungen, auch wenn mir die Fenster, die mir mein Glaube an Gott und die Sicherheit im Glauben geöffnet haben, noch keine wirklich klare Sicht gewähren. Was ich heute erblicke, vermittelt mir eine ungefähre Vorstellung von der Dunkelheit, die das Antlitz der Erde in unserer jüngsten Vergangenheit verhüllt hat. Ich höre die angsterfüllten Schreie, die auf jenem Totenbett ausgestoßen werden, auf dem unsere Seele unserer Rücksichtslosigkeit geopfert wurde. Und ich höre die Totenlieder, die gesungen werden. Sie erzeugen einen tiefen Nachhall, ganz als würde die Geschichte nun Hymnen der Wiedererweckung anstimmen.

Anmerkungen
1. Siehe: „O Feuer“, erging Unser Befehl, „Sei kühl und friedfertig gegen Abraham!“ (21:69)