Perlen der Weisheit

Sich gegen die Mehrheit zu stellen, ist ein Fehler. Dies gilt aber nur dann, wenn die Mehrheit die Wahrheit repräsentiert. Ansonsten bedeutet Zustimmung Irrtum. Es ist durchaus gerechtfertigt, einem Ingenieur zu misstrauen, wenn er von Medizin spricht. Analog dazu brauchen wir auch keinen Arzt zu konsultieren, wenn wir den Bau eines Gebäudes planen.

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Hilflosigkeit ist nicht nur auf einen Mangel an Stärke und Macht zurückzuführen. Viele starke und begabte Menschen entpuppen sich als hilflos, weil niemand je daran gedacht hat, sie um Rat zu fragen.

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Menschen, die entsprechend dem handeln, was sie gesehen haben, sind nicht so erfolgreich wie jene, die entsprechend dem handeln, was sie wissen. Und jene, die entsprechend dem handeln, was sie wissen, sind nicht so erfolgreich wie jene, die in ihrem Handeln den Empfindungen ihres Bewusstsein folgen.

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Armut ist nicht allein ein Mangel an Geld; vielmehr kann sie auch die Form eines Mangels an Wissen, Denkvermögen und Talent annehmen. Demzufolge können also auch wohlhabende Menschen, denen es an Wissen, Denkvermögen und Talent fehlt, durchaus als arm bezeichnet werden.

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Brillen sind Hilfsmittel der Augen, die Augen sind Hilfsmittel des Verstandes, der Verstand ist ein Hilfsmittel der Einsicht, und die Einsicht ist ein Hilfsmittel des Bewusstseins. Das Bewusstsein wiederum ist eine Luke, durch die der Geist schauen, und ein Hilfsmittel, mit dem er sehen kann.

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Die Menschheit ist ein Baum, und die Völker sind dessen Zweige. Die Geschehnisse, die als starke Winde auftreten, wirbeln sie gegeneinander und lassen sie aneinander geraten. Daraus resultierende Schäden spürt natürlich auch der Baum. Diese Wahrheit bringt der Satz „Was immer wir tun, tun wir uns selbst an. gut auf den Punkt.

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Die Nächte sind wie Arenen, in denen die Menschen entdecken, sich entwickeln und sich auf Glück und Wohlbehagen vorbereiten. Bedeutende Ideen und Werke sind schon immer im Schoß der Dunkelheit entstanden und wurden erst zu einem späteren Zeitpunkt in den Dienst der ganzen Menschheit gestellt.

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Der Magen scheidet Nahrung, die er nicht verdauen und die ihm keinen Nutzen bringt, aus. Das Gleiche tun Zeit und Geschichte mit nutzlosen Menschen.

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So wie Rost der Feind des Eisens ist und Blei der Feind der Diamanten, ist Ausschweifung der Feind des Geistes. Wenn sie ihn nicht heute verfallen lässt und ruiniert, dann spätestens morgen.

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Eine Flut geht aus winzigen Tropfen hervor, deren Existenz und Größe vernachlässigt werden. Nach und nach erreicht sie aber eine Gewalt, die keinen Widerstand duldet. Der Körper einer Gesellschaft ist für solche Arten von Flut stets empfänglich.

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Selbst wenn die Vermittlung von Wissen und Wahrheit an unmanierliche und unerfahrene Menschen ähnlich schwierig sein mag wie die an Verrückte, bleibt den Eingeweihten doch keine andere Wahl, als sich dieser Aufgabe anzunehmen.

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Da nicht alle Menschen in der Lage sind, eigentlich unmissverständliche Wahrheiten auf einem einheitlichen Level zu begreifen, sollte man auf abstrakte Darstellungen verzichten und stattdessen Veranschaulichungen, Bilder und Symbole verwenden.

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Für gewöhnlich beklagen sich die Menschen über Raum und Zeit, obwohl der Fehler doch in der Unwissenheit liegt. Zeit und Raum sind unschuldig, während der Mensch undankbar und unwissend ist.

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So mancher sonnige, grasbedeckte und mit Blumen geschmückte breite Weg führt in Täler des Todes, während andere steile und beschwerliche Pfade die Grenze der Himmel streifen.

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Einer der weisesten Aussprüche lautet: „Jeder Mensch verbirgt sich unter seiner Zunge." Noch treffender aber heißt es: „Wenn du einen Freund suchst, deckt Gott deinen Bedarf, wenn du einen Gefährten suchst, der Koran."

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Wir kennen zwar den Akt und das Objekt der Wahrnehmung, aber nicht den Wahrnehmenden. Der Geist weiß; der Verstand ist ein Instrument. Der Geist sieht; das Auge ist ein Instrument.

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Wenn eine Handlung aus geistigen oder natürlichen Instinkten resultiert, ist sie einem Tier angemessen; wenn sie jedoch dem Willen oder dem Bewusstsein entspringt, verdient sie die Bezeichnung spirituell oder menschlich.

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Die Nichtexistenz ist ein schreckliches Nichts. Sie ist ein unendlich weites und dem Verstand abträgliches Feld, auf dem nicht einmal ein Stäubchen Existenz zu finden ist.

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Heutzutage werden fromme Menschen oft als Fanatiker bezeichnet. Fanatismus beinhaltet jedoch das Beharren auf falschen und blinden Behauptungen. Auf der Wahrheit zu beharren, ist hingegen eine Tugend; und wenn ein Gläubiger dies tut, darf sein Verhalten auch nicht als Fanatismus gebrandmarkt werden.

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Gelegentlich zeigt sich die Sonne in einem Atom, ein Fluss in einem Tropfen und ein Buch in einem Satz. Für eine solche Tiefgründigkeit ist das Auge (d.h. die Einsicht) genauso wichtig wie das Wort.

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Für das Licht der Gedanken ist der Federhalter ein goldenes Flussbett. Dieses Licht steigt vom Verstand zum Arm und von dort zum Finger hinab, bevor es aus dem Federhalter herausströmt.

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Selbst wenn es immer mehr blinde Menschen geben sollte, werden sie es nicht schaffen, die Farbe eines Gegenstands zu bestimmen. Zwei gesunde Augen zerstören ihre gemein¬schaftliche Illusion.

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Jeder Baum besteht aus Holz. Die Unterscheidungsmerkmale der Bäume sind ihre Früchte; die Menschen wiederum unterscheiden sich durch ihre Frömmigkeit voneinander.

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Der Verstand des Menschen ähnelt einem Messer. Zwar bestehen alle Messer aus dem gleichen Stahl. Jedes besitzt jedoch eine individuelle Schärfe.

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Bedeutende und große Völker schmücken ihre Derwisch-Orden und selbst ihre Gräber. Welches Konzept von Schönheit und Kunst ein Volk hat, lässt sich an seinen Orten der Anbetung und an seinen Grabstätten ablesen.

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Materie verfügt nicht über Begriffsvermögen, Bewusstsein, Gefühl oder Willen. Sie setzt sich lediglich aus einigen Gesetzen und Partikeln zusammen (die genutzt werden, um Dinge zu formen). Was für ein peinlicher Fehler es doch ist anzunehmen, die Materie sei die Essenz des Seins!

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Die wahre Philosophie ist nicht mehr als eine spirituelle und geistige Unruhe, die auf den Plan tritt, wenn Gott uns dazu anspornt, die Weisheit zu suchen.

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