Das Hizmet-Netzwerk und die Armenier in der Türkei

Das Hizmet-Netzwerk und die Armenier in der Türkei

Der säkulare Nationalismus der Jungtürken hatte sie zu Feinden erklärt. Sie erlitten Drangsal und Benachteiligung. Das muslimische Hizmet-Netzwerk um Fethullah Gülen hingegen sucht den Dialog mit der anatolischen Christengemeinde der Armenier.

Es war das Jahr 1996, als sich Fethullah Gülen mit dem Armenischen Patriarchen Mesrob Mutafyan zum ersten Mal traf. Sie sprachen sich beide für einen intensiven Dialog aus. In den darauf folgenden Jahren gab es immer wieder regelmäßige Treffen und Dialogveranstaltungen, bei denen sie sich begegneten und umarmten. Nach dem großen Erdbeben in der Region Izmit am Marmara-Meer besuchten sie am 17. August 1999, also einen Tag nach dem Erdbeben, gemeinsam die Familien von Erbebenopfern und sprachen ihnen ihr Beileid aus. Zum ersten Mal nach knapp 100 Jahren setzte sich ein Türke für die armenischen Christen in der Türkei ein und sendete damit in die gesamte Türkei eine Botschaft der Freundschaft und der Toleranz.

Heute, also fast 17 Jahre nach diesem ersten Treffen, hat sich die Situation der Armenier in der Türkei leider nicht grundlegend verändert. Ich besuchte Bischof Arem Ateşyan (l.), Vize-Patriarch und amtierendes Oberhaupt der Armenischen Kirche in der Türkei. Ich wollte mehr über die Entwicklungen erfahren und mich im Gespräch mit ihm darüber erkundigen, wie er die aktuelle Entwicklung in der Türkei beurteilt.

Nachdem die AKP-Regierung in den ersten Jahren große Reformen ankündigte und auch umsetzte, war die Hoffnung groß. Es bewegte sich viel. Dieser anfängliche Schwung ist leider derzeit verloren gegangen. Auch der Optimismus. Denn auch diese Regierung hat es bisher nicht geschafft, den Weg zu mehr Akzeptanz sowie mehr Freiheiten und Rechten zu öffnen. Ateşyan unterstrich, dass es vor allem die Fethullah Gülen Nahestehenden sind, die sich aktiv für die Rechte der Armenisch-Orthodoxen Kirche einsetzen und nachbarschaftliche Beziehungen mit Armeniern pflegen.

Schulprojekte und Kulturpreise für das interkulturelle Zusammenleben

Das Hizmet-Netzwerk, das von den Ideen Fethullah Gülens inspiriert ist, engagiert sich intensiv im Dialog mit den Armeniern. Ein Beispiel hierfür ist Etyen Mahçupyan. Der berühmte armenische Kolumnist schreibt wöchentlich in der – der Hizmet nahestehenden - Tageszeitung „Zaman". Er bekommt so die Möglichkeit, einer breiten türkischen Öffentlichkeit seine Perspektive darzustellen. Auch Vereine und Stiftungen aus den USA und aus Deutschland pflegen enge Beziehungen mit Armeniern. Es gibt gemeinsame Konzerte und Abendessen. Die Zeitung AGOS, die der Armenischen Gemeinde der Türkei gehört und auch auf Armenisch erscheint, erhielt 2012 von der Journalisten- und Schriftsteller-Stiftung, deren Ehrenvorsitzender Fethullah Gülen ist, den „Preis für das Zusammenleben" im Bereich Medien. Außerdem wurde ein Schulprojekt ausgezeichnet, das eine armenische Schule gemeinsam mit einer türkischen Schule angestoßen hatte.

Das ist nur eine kleine Auswahl an zukunftsweisenden Projekten. Mit derartigen Konzepten und Aktionen soll auch der türkischen Bevölkerung signalisiert werden, dass die Armenier ein Teil der Türkei sind.

Die Armenier trugen im Osmanischen Reich den Titel „Milleti Sadiqa", also das aufrechte Volk. Sie hatten einen großen Anteil am Erfolg der Osmanen. Sie haben dem Sultanat mehr als 600 Jahre lang in Architektur, Wirtschaft, Wissenschaft, Medizin und Kunsthandwerk gedient. Mit dem aufkommenden Nationalismus der säkularen Jungtürken (Jeunes Turcs) zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden sie zu ungewollten Feinden. Es begann eine Zeit von Vertreibung und Benachteiligung. Christliche Armenier störten die Vorstellung eines Staates, der sich auf ius sanguis, also das Recht des Blutes, berufen sollte. Wie Juden, Kurden, Aleviten, Yeziden und auch gläubige Muslime wurden die Armenier und die anderen Christen zu Feinden erklärt und waren jahrzehntelang Menschen zweiter Klasse.

Noch immer gibt es mehr als 100.000 Armenier, die ihre Identität verstecken müssen. Das ist eine große Schande für die Türkei. Die Bestrebungen, die Fethullah Gülen und das Hizmet-Netzwerk anregen, leisten einen wichtigen Betrag zur Normalisierung, die hoffentlich nicht mehr lange auf sich warten lässt.

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