Aus welchen Gründen hat es DIE LINKE auf die Gülen-Bewegung abgesehen?

Die Partei DIE LINKE hat nun schon zum zweiten Mal eine kleine Anfrage an die Bundesregierung1 gerichtet: Im Wesentlichen geht es in dieser Anfrage um Gülens Aussagen2 bezüglich der PKK Terroristen. DIE LINKE wirft Fethullah Gülen3 in eben dieser Anfrage Kurdenfeindlichkeit vor. In der vorliegenden Kolumne möchte ich aus diesem Grund der akuten Frage nachgehen, ob die Gülen-Bewegung tatsächlich kurdenfeindlich orientiert ist.

Eine bedeutende Grundlage für Fethullah Gülens Bildungsverständnis sind die Lehren Said Nursis. Said Nursi ist ein großer islamischer Gelehrter, der in Bitlis, gelegen im Südosten der Türkei, geboren wurde. Er selbst war kurdischer Abstammung und lernte erst im Alter von 18 Jahren die türkische Sprache. Auch heute noch werden seine Werke intensiv studiert. Gerade für viele ehrenamtliche Mitglieder der Gülen-Bewegung sind die Werke Said Nursis sehr wichtige Quellen. Vor diesem Hintergrund muss gefragt werden: Wie kann die Gülen-Bewegung bzw. Fethullah Gülen kurdenfeindlich sein, wenn eine der allerwichtigsten Inspirationsquellen von einem Kurden stammt? Hier offenbart sich also ein ganz klarer Widerspruch in dem obengenannten Vorwurf.

Ein weiterer Aspekt, auf den Gülen eingeht, ist der kurdische Sprachunterricht. In seiner Videobotschaft, die auf Herkul.org angesehen werden kann, fragt Fethullah Gülen, weshalb Kurdisch nicht an türkischen Schulen angeboten werden dürfe. Fethullah Gülen befürwortet also explizit kurdischen Sprachunterricht und damit die Verbreitung dieser Sprache und Kultur. Ferner motivierte Fethullah Gülen immer wieder kurdische Unternehmer, nachdem die AKP das Verbot für kurdische TV-Sender aufhob, einen eigenen kurdischen Privatsender ins Leben zu rufen. Dünya TV4 war der erste private kurdischsprachige TV-Sender der Türkei. Und erneut muss gefragt werden: Würde jemand, der zu einem Kurdengenozid aufruft, sich für die kurdische Sprache derart intensiv einsetzen?

Gleichsam setzt sich die Gülen-Bewegung im Bereich der humanitären Hilfe für die kurdische Bevölkerung ein. Nach dem Erdbeben in Van sammelte die Hilfsorganisation Kimse Yokmu Millionen an Spenden ein und startete eine Medienkampagne, um den kurdischen Mitbürgern in ihrer Not schnelle und ganz konkrete Hilfe zukommen zu lassen. Lange Zeit herrschte in der Türkei leider Konsens darüber, dass der türkisch-kurdische Konflikt ausschließlich auf militärischem Wege zu lösen sei. 2006, also bevor es die Öffnung der AKP-Regierung gegenüber den Kurden gab, motivierte Gülen Unternehmer aus der Westtürkei dazu, ihr Opferfest in Anatolien abzuhalten und die Opfertiere dort zu verteilen. In Verbindung mit dem Opferfest unterstrich Gülen immer wieder ganz ausdrücklich, dass Terror allein mit Liebe bekämpft werden könne: Tausende von Unternehmern folgten seinem Aufruf für gegenseitige Liebe und Anerkennung.

Ebenso ist die Gülen-Bewegung im Bildungsbereich sehr aktiv. Sowohl kurdische als auch türkische Unternehmer gründeten bis heute zahlreiche Schulen, Wohnheime und Leseclubs, in denen Kurden und Türken gemeinsam lesen und schreiben lernen. In einer Gemeinschaft werden sie hier auf das Studium vorbereitet: und zwar alles kostenlos. Mit diesem Programm soll erreicht werden, dass die Kinder nicht mehr zur PKK gehen, sondern sich bilden. Zahlreiche Projekte gegen Zwangsheirat und Gleichberechtigung zielen des Weiteren darauf ab, vor allem auch jungen Mädchen den Zugang zu Bildung zu ermöglichen.

All dies sind Projekte, die durch regionale kurdische wie auch türkische Unternehmer finanziert und realisiert werden. Die Ideen dafür stammen von Fethullah Gülen. Seiner Ansicht zufolge müssen alle Menschen – unabhängig davon, ob nun Lehrer, Imame, Sanitätsoffiziere oder Verwaltungsbehörden – an einer Lösung des Problems mitarbeiten. Jahrzehntelang wurde die kurdische Bevölkerung assimiliert und benachteiligt. Gleichzeitig wird die kurdische Bevölkerung aber auch heute noch von der sozialistischen PKK unterdrückt. Millionen von Kurden in der Region leben ein Leben voller Angst vor der PKK: Sie setzt die Bevölkerung ganzer Dörfer unter Druck und bedroht sie.

95 % der Bevölkerung wünschen sich eine friedliche Lösung des Kurdenproblems, woran die Gülen-Bewegung einen großen Anteil hat. Die PKK sieht in der Bewegung und in Fethullah Gülen hingegen einen direkten Gegner. Denn er und seine Anhänger setzen sich für Bildung und Solidarität in der Region ein. Bildungsdefizite, Benachteiligung und Armut sind der Nährboden für den Terror der PKK, weshalb genau an dieser Stelle die Projekte der Gülen-Bewegung ansetzen.

Die Frage, weshalb DIE LINKE die PKK unterstützt, ist vor diesem Hintergrund ein Rätsel. Sie scheint offensichtlich ein Interesse am Terror der PKK zu haben – welches auch immer. Ich hoffe, dass sich Mitglieder und Mandatsträger der LINKEN, die eine friedliche Lösung des Kurdenproblems unterstützen, sich gegen eine Unterstützung der PKK aussprechen.

[1] Kleine Anfrage
[2] Gülens Ansage
[3] Fethullah Gülen
[4] Dünya TV

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