Hoffnung
Hoffnung ist vor allem eine Glaubenssache. Gläubige Menschen sind zuversichtlich, und ihre Zuversicht steht in direktem Verhältnis zur Stärke ihres Glaubens. Aus diesem Grunde muten bestimmte Resultate eines starken Glaubens manchen Menschen wie Wunder an. Wer einen solch starken Glauben aber nie erfahren hat, wird die Hoffnung und Entschlossenheit gläubiger Menschen als etwas absolut Außergewöhnliches wahrnehmen. Verzweiflung und Pessimismus können sich in Herz und Verstand eines Menschen, der sich bewusst für das, was er glaubt, entschieden hat und der sein Herz ganz in den Dienst dieses Glaubens stellt, jedenfalls nicht breit machen.
Individuen reifen durch Hoffnung; und auch Gesellschaften gewinnen durch Hoffnung an Vitalität und gedeihen. Ein Individuum, dass alle Hoffnung hat fahren lassen, kann kaum als lebendig bezeichnet werden. Eine Gesellschaft ohne Hoffnung ist wie paralysiert.
Hoffnung ist nur bei einem Menschen anzutreffen, der seinen eigenen Geist findet und erkennt, welches Potenzial in ihm steckt. Wenn er dessen gewahr wird, tritt er in Kontakt zum Allmächtigen und erlangt eine Kraft, die alle Probleme überwinden kann. Diese Kraft lässt ein Atom zu einer Sonne und einen Tropfen zu einem Meer werden. Sie macht den menschlichen Geist zum Atem des Universums. Als der Prophet Adam realisierte, dass er auf Abwege geraten war, war er verzweifelt und hoffnungslos; aber er schüttelte seine Hoffnungslosigkeit ab, erwachte wieder zum Leben und gestand: „Ich habe Unrecht getan. Der Satan hingegen taumelte, fiel und versank schließlich in der Leere seiner Verzweiflung.
Alle mutigen Menschen, die sich mit der Fackel der Hoffnung auf den Weg machten, haben Stürme überstanden und Gefahren überwunden, die einst für unbezwingbar gehalten wurden. Die Hoffnung einiger von ihnen ähnelte der Arche des Propheten Noah, die ihre Passagiere durch Wellen so hoch wie Berge in Sicherheit brachte. Bei anderen sorgte die Hoffnung dafür, dass ihre Herzen so lebendig und üppig wie die Paradiesgärten von Imran wurden. Und wieder andere besaßen ein so großes Maß an Hoffnung, dass sie Yathrib, die Stadt der Heiden, in Medina, die Stadt des Glaubens, der Liebe und der Kultur verwandelte.
Hoffnung und Entschlossenheit waren es, die das Herz eines Berbersklaven inspirierten und dazu führten, dass die Felsen von Gibraltar nach ihm benannt wurden und so bis heute an ihn erinnern. Ein anderer junger Befehlshaber, Mehmet, der Eroberer, verwandelte sich durch die Hoffnung in einen Blitz, der in den Lauf der Geschichte niederfuhr. Er schwang sich zu Höhen auf, die nach ihm nur noch sehr wenige Menschen erklimmen konnten. So optimistische und tatkräftige Menschen wie diese traten hervor, um vom „Auge" Gottes geliebt zu werden und ihren Völkern - mit Leben erfüllten Bannern gleich - Symbole dessen, was möglich ist, zu sein.
In Zeiten, in denen die Menschen verschüchtert und zaghaft sind, kann jemand, der voll des Glaubens und der Hoffnung ist, die gesamte bestehende Weltordnung herausfordern. Er wird seine Arbeit selbst dann fortführen, wenn er kurzfristig Rückschläge hinnehmen muss. Dadurch, dass er selbst alle erdenkbaren Schicksalsschläge hinnimmt und sich nicht von seinem Ziel abbringen lässt, erweckt er selbst jene Seelen wieder zum Leben, die zuvor wie tot waren.
Hoffnung lässt die Menschen weite Reisen unternehmen und Flüsse voller Blut und Schmerzen überqueren. Einzig und allein jene, die ihre Hoffnung verlieren, werden besiegt. Viele dieser Verlierer gehören zu denen, die sich voller Stolz auf ihre Fähigkeiten auf den Weg gemacht haben, dann jedoch auf halber Strecke innehalten, weil es ihnen an Hoffnung und Zuversicht fehlt. Ein kurzes Beben, ein Sturm oder ein Hochwasser nehmen ihnen ihre Entschlossenheit und ihre Willenskraft. Die Lage derer, die hoffnungsvoll gestartet sind und dann im Sumpf der Verzweiflung versinken, ist in der Tat Mitleid erregend. Anderseits kann das Schicksal von Menschen, die ihre Ziele nicht erreichen und nicht in der Lage sind, die Wahrheit zu erkennen, eigentlich gar nicht anders aussehen. Diejenigen, die all ihre Hoffnung in gesellschaftliche Positionen und Reichtum gesetzt haben, mögen zwar vorübergehend von Erfolgen verwöhnt werden; früher oder später jedoch werden sie mit Sicherheit enttäuscht werden.
Für jemanden, dessen Hoffnung unerschütterlich ist, ist jeder einzelne Tag so farbenprächtig wie der Paradiesgarten, denn sein Herz stützt sich auf ein strahlendes Licht, das ebenso wenig verblasst wie das Licht der Sonne. Und seine Nächte sind nicht minder hell. Menschen, die eine solche Hoffnung besitzen, kennen kein Dunkel; für sie scheint ständig die Sonne, auch wenn sie sich einmal nicht zeigen mag. Sie sind ähnlich tief verwurzelt wie majestätische alte Bäume, die weder Hagel noch Schnee oder Schneestürme in Mitleidenschaft ziehen oder davon abhalten können, Früchte zu tragen. Seelen, die von einer so großen Hoffnung getragen werden und sich ganz der Ewigkeit verschreiben, sind zu keiner Zeit unfruchtbar. Nein, zu jeder Jahreszeit sind sie produktiv und darauf vorbereitet, alles zu tun, was man von ihnen erwartet.
Was wir noch dringender benötigen als Brot, Wasser und Luft, sind geduldige und entschlossene Führer, die sich Korruption und Elend widersetzen und sich nie entmutigen lassen. Wie sollen wir profitieren von Menschen, die ihre Reise aus einer Laune heraus beginnen und sie wieder abbrechen, wenn sie nicht sehr schnell das bekommen, wonach sie suchen, die obendrein anschließend mit ihrem Schöpfer hadern? Das Rad der Schöpfung wird sich niemals so drehen, wie ihre armselige Denkweise und ihre fehlgeleiteten Berechnungen es vorsehen.
In unserer heutigen Zeit, in der so viele Knospen der Hoffnung zu sprießen beginnen, wartet eine Vielzahl von Samenkörnern im Erdreich auf die ersten Anzeichen des Frühlings. Möge Gott den Verzweifelten Hoffnung geben!"
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